Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

Parrett„Das Meer ist lebendig, es kennt keinen Anfang und kein Ende“
Die Mutter von Isla und ihrem kleinen Bruder zieht mit den Kindern nach Hobart auf Tasmanien, an einen Ort am Ende der Welt, umgeben vom Meer und von Einsamkeit. Die Nella Dan, ein beeindruckend großer, rot-weißer Frachter, bringt Abwechslung und den Duft der weiten Welt in Islas Leben – und sie bringt Bo, den Seemann. Bo ist Däne, er ist ruhig, groß, bedächtig, und er gefällt Islas Mutter. Zwischen ihm und dem Mädchen entsteht eine ungewöhnliche, aber innige Freundschaft in den kurzen Landaufenthalten, die Bo in Hobart verbringt. Sein Leben ist hart, er ist zusammen mit dem Schiff und dem Rest der Mannschaft der Willkür der See ausgeliefert – sie bringt herrliche Tage voll Leichtigkeit, aber sie bringt auch den Tod. „Das Meer ist lebendig, es kennt keinen Anfang und kein Ende. Es bewegt sich mit dem Mond und mit der Erddrehung, und es ruft uns, wenn es will, dass wir kommen. In jener Nacht lag ich im Bett, zog die Decke fest um mich, und in der Dunkelheit wiederholte ich im Kopf immer wieder: Ruf mich nicht. Ruf mich nicht, denn ich will nicht gehen.“

Der Himmel über uns ist Melancholie zwischen zwei Buchdeckeln. Es ist Poesie, es ist Licht und Wasser und Gefühl. In einer sehr melodischen, lyrischen Sprache erzählt die tasmanische Autorin Favel Parrett in ihrem zweiten Roman eine Geschichte vom Meer, von Freundschaft und Verlust, vom Alleinsein und von der Macht der Natur. Sie tut dies auf beeindruckend schlichte, aber sehr sprachgewaltige Weise. Die Prosa ist durchsetzt von Gedichtstücken, Momentaufnahmen, Gedanken, bei denen man nicht weiß, wem sie gehören: Vögel rufen den Morgen herbei / Ich spüre, wie es sich von mir hebt, das Gewicht der Dunkelheit / Es ist ein neuer Tag.“

Wenn in einer Geschichte ein kleines Mädchen vorkommt und ein Seemann, der Bo heißt, dann weiß man gleich, dass das eine gute Geschichte sein muss. Der Himmel über uns ist schwermütig, traurig, intensiv. Isla und Bo berichten abwechselnd auf Land und auf hoher See, langsam setzt sich aus ihren einzelnen Bildern ein Gesamteindruck zusammen, der aber auch am Ende noch verschwommene Stellen aufweist. Ganz aufgeschlüsselt werden die Geschehnisse nicht, weil dies ein Roman ist, der von Stimmungen und Empfindungen lebt und quasi ausschließlich aus solchen zusammengesetzt ist. Ein ganz besonderes Buch, das ebenso zart wie kraftvoll ist, einfach, aber raffiniert, liebevoll erzählt und unvergesslich.

Banner

Der Himmel über uns von Favel Parrett ist erschienen bei Hoffmann und Campe (ISBN
978-3-455-40518-7, 272 Seiten, 20 Euro).

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

Louis„Zuerst kommt man nicht darauf zu fliehen, weil man gar nicht weiß, dass es ein Anderswo gibt“
Eddy wächst mit seinen Eltern und Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen in einem Dorf in Nordfrankreich auf. Die Familie aus der Unterschicht kommt einigermaßen über die Runden, aber trotzdem hat Eddy es schwer. Weil er anders ist. Weil er beim Reden gestikuliert, eine höhere Stimme hat, fein ist, schwach, mädchenhaft. Sie nennen ihn eine Schwuchtel, eine Tussi, von frühester Kindheit an – auch die eigenen Eltern, die an seiner fehlenden Rohheit verzweifeln. Sie können ihn nicht verstehen, können seine Andersartigkeit nicht akzeptieren und nicht lieben. Die Mischung aus fehlender Bildung, Klischees, Langeweile und reinem Hass ist explosiv für Eddy und er leidet unendlich an der Ausgrenzung – seine ganze Kindheit hindurch. Er wird in der Schule gedemütigt und verprügelt, obwohl er stets versucht, so zu sein wie alle. Aber es gelingt ihm nicht, er fühlt sich hingezogen zum eigenen Geschlecht, und auch wenn er es nie zugibt, spüren es alle. Eddy bleibt letztlich nur eins, um sich zu retten: die Flucht.

Édouard Louis, 22 Jahre alt und mittlerweile Student in Paris, erzählt in Das Ende von Eddy unter einem Pseudonym seine eigene Geschichte und hat damit in Frankreich eine große Debatte ausgelöst. Dieses mutige und aufrüttelnde Buch, das in 18 Sprachen erscheint und mit einem Preis für Engagement gegen Homophobie ausgezeichnet wurde, ist ein Plädoyer für Toleranz und Andersartigkeit, ein Statement gegen Schwulenhass und Unterdrückung. In einer sehr klaren, völlig schnörkellosen Sprache berichtet Édouard Louis von all den Peinigern, die ihm seine Kindheit zur Hölle gemacht haben, die ihn bespuckt, getreten und verhöhnt haben, weil er abweicht von der Norm. Er ist ein sensibler, kluger Junge, der verzweifelt alles dafür tut, seine innersten Neigungen zu verstecken, es aber nie schafft. Sein Buch ist keine flammende Hetzrede, kein wütender Racheakt. Es ist eine stumme Anklage, ein Fingerzeig, ein Rütteln an Vorurteilen und Gehässigkeiten.

In der Großstadt ist Édouard Louis kein Einzelgänger, hier gibt es viele wie ihn, doch auf dem Land hatte er als kleiner, schwuler Junge keine Chance. Hier herrschen Fußball, Alkohol und Gewalt. Ich habe mich schon oft gefragt, wie es sich anfühlen muss, wenn man als Teenager bemerkt, dass man homosexuell ist – mit welchen Gefühlen und Ängsten man zu kämpfen hat. Das Ende von Eddy, das für den Autor hoffentlich eine befreiende und vielleicht auch heilende Wirkung hatte, zeigt dies auf sehr eindrucksvolle, schockierende und aufwühlende Weise. Es ist ein ehrliches, kraftvolles Buch, dessen Geltung hoffentlich darin liegen wird, mehr Verständnis für homosexuelle Menschen zu generieren. Sie anzunehmen, wie sie sind – schon als Kinder. Deshalb sollte es gelesen und in die Welt getragen werden – so oft und so weit wie möglich!

Banner

Das Ende von Eddy von Édouard Louis ist erschienen bei den S. Fischer Verlagen (ISBN 978-3-10-002277-6, 208 Seiten, 18,99 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Das Buch schockiert, weil hier jemand völlig unverblümt und mit sprachlicher Wucht von einer Kindheit erzählt, die scheinbar ausweglos ist. In der es unmöglich ist, anders zu sein als die anderen, und die Entdeckung der eigenen Homosexualität einer Katastrophe gleich kommt. Besser krank sein als schwul, besser Alkoholiker, Arbeitsloser oder was auch immer“, heißt es auf spiegel.de.
– „Konsequent macht Louis den Bruch deutlich, der sich durch sein Leben und die Gesellschaft zieht. Hier die Sprache der Dorfbewohner, im Buch stets kursiv gedruckt, durchzogen von Abwertung und Hass, die der Erzähler so präzise wiedergibt, als handele es sich um Gesprächsprotokolle einer empirischen Studie. Dort die elaborierte Sprache des Erzählers, die auf Reflexionsvermögen und Differenziertheit fußt. So entsteht eine beeindruckende Montage zweier Welten, die ein analytisches Sittenporträt der französischen Unterschicht zeichnet“, erklärt fr-online.de.
– Hier könnt ihr ein Interview mit dem Autor lesen.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8463„Vielleicht kann man sich an jeden gewöhnen und ihn dafür lieben, dass er einen erträgt“
„Dieses Konzept der Ehe darf man doch mal überdenken, oder? Was spricht dagegen, dass die Person, mit der ich nicht verwandt bin, ein wenig Spaß hat? Gehört sie mir, weil wir ein Papier unterschrieben haben? (…) Bedeutet die Ehe nicht zwangsläufig das Ende aller Gefühle?“ Das fragt sich der gescheiterte Theaterregisseur Rasmus, und zwar aus einem konkreten Grund: weil seine Frau Chloe einen anderen fickt. Die beiden sind schon lange ein Paar, zusammengewachsen, aneinandergeklebt, symbiotisch. Der Sex zwischen ihnen war nie gut, weil Chloe zu den Frauen gehört, die nicht sagen können, was sie im Bett wollen – zumal sie es auch gar nicht so genau wissen. Rasmus fühlt sich seiner schönen Frau unterlegen, und aus Angst, ihr nicht zu genügen, kann er genau das eben nicht. Unter Drogeneinfluss erlebt Chloe eine Massage mit Happy End und verwechselt in ihrem ausgehungerten Zustand den chemischen Hormonrausch mit Verliebtheit. Dass es keine ist, kann sie natürlich erst herausfinden, wenn sie oft genug mit dem langhaarigen Masseur gevögelt hat. Das tut sie auch. Zuhause in ihrer Wohnung. Mit dem desperaten Rasmus daneben, der immer mehr verkümmert: „Ich habe angefangen zu onanieren. Das war mir immer ein Trost, es lenkt mich ab, stellt ein Gefühl her, wo Leere ist. Ich onaniere und denke an Chloe, und das leise Wimmern wird immer mehr zu einem Schluchzen. Etwas Erbärmlicheres als ein Mann, der sich bei der Vorstellung der Frau, die ihn nicht will, einen runterholt, fällt mir nicht ein.“

„Der Mensch ist für die Monogamie nicht geschaffen“, sagt meine Freundin immer. Ist ja quasi wider die Natur! Aber was tun, wenn man dann eben mal verheiratet ist und gefangen in den Zwängen von Gesellschaft und Moral? Sybille Berg hat eine Ehe auf den OP-Tisch gewuchtet und seziert sie mit chirurgischer Genauigkeit, ohne Narkose. Ihre beiden Protagonisten legen abwechselnd ihre Sicht der Dinge dar: das berufliche Scheitern von Rasmus, die mangelnde Leidenschaft, die Eifersucht. Schicht um Schicht entblättert und entblößt die deutsche Autorin einen Mann und eine Frau, zeigt ihre Triebe, ihre Ängste, ihre Sehnsüchte, ihre Körperlichkeit. Ich habe nie zuvor etwas von Sybille Berg gelesen, aber mir war freilich bekannt, dass sie sehr spitz, pointiert und klug schreibt – und dass sie polarisiert. Das hat sich für mich mit ihrem jüngsten Roman bestätigt, der obendrein herrlich sarkastisch ist. Jeder, der schon eine längere Beziehung geführt hat, wird sich darin wiederfinden. Garantiert! Selbst wenn er es sich vielleicht nicht eingestehen will. Ein großartiges, schonungsloses, unbedingt zu lesendes Buch!

Banner

Der Tag, an dem meine Frau einen Mann fand von Sibylle Berg ist erschienen bei den Hanser Literaturverlagen (ISBN  978-3-446-24760-4, 256 Seiten, 20,50 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Begeistert hat mich dieses Buch durch seine unglaubliche Wucht der Sprache. Klar, präzise, hemmungs-, scham- und schonungslos. Sibylle Berg muss sich nicht erst warmlaufen, sie langt sofort mit der Faust dorthin, wo es weh tut“, schreibt Sonja von lustzulesen.de.
– „Denn die Romane von Sibylle Berg muss man aushalten können! Ihre Figuren fragen sich beständig, warum das Leben so ist, wie es ist, und welchen Sinn das Ganze hat. Man könnte es sich auf dieser Welt schließlich so schön machen – aber man macht es nicht“, erklärt Wolfgang Tischer auf literaturcafe.de.
– Und hier könnt ihr euch den sehr amüsanten Trailer zum Buch anschauen.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8340„Die Manege verändert die Menschen. Sie macht sie größer, heller und bedeutsamer, als sie sind“
Willkommen im Zirkus! Tretet ein, tretet ein! Was wir zu bieten haben? Ein Land aus ferner Zeit, das es nicht mehr gibt, die DDR, und Gift, jede Menge tödliches Gift! Zwillingsschwestern, denen nicht zu trauen ist, ein Feuer, seht nur, wie es lodert, zwei tote Kinder, Eifersucht und Angst. Das reicht euch nicht, nein? Dann betrachtet den jungen Mann, der verloren ist und im Zirkus eine Heimat findet, eine Frau namens Albina, die schön ist und schwierig, einen toten Direktor und einen alten Kapellmeister. Einer von ihnen hat falsch gespielt. Einer von ihnen war ein Spitzel. Und alle anderen lösen das Rätsel. Kommt her, setzt euch, wir reisen in die Vergangenheit, seid wachsam, seid bereit, alles beginnt im Jahr 1979, als ein kleiner Junge seine Geschwister verliert …

Pakete an Frau Blech ist ein richtig gutes Buch: mitreißend, klug und amüsant. Der deutsche Autor hat sich für seinen zweiten Roman eine wilde, spannende Story ausgedacht, in der so einiges aufgeklärt werden muss: Es geht um mehrere Morde, um die Stasi und um viel Geld. Den Rahmen bildet die untergehende Welt der Zirkusunterhaltung, die noch einmal auflebt, in der Gegenwart aber längst unwichtig geworden ist. Maik, Albina und Pjotr, deren Freundschaft einst in der gemeinsamen Zeit in diesem Zirkus begründet wurde, haben ein persönliches Interesse daran, die Wahrheit aufzudecken. Alberto Bellmonti, der Direktor, ist gestorben, und sein Begräbnis führt sie wieder zusammen. Doch in die schönen Erinnerungen mischt sich auch Mysteriöses, und schon bald wird klar, dass nichts so gewesen ist, wie es einst den Anschein hatte.

Mich faszinieren Bücher aus dem Dunstkreis der DDR ungemein, weil ich als (einigermaßen junge) Österreicherin so gar keine eigenen Erfahrungen damit habe. Ich habe stets den Eindruck, als sei dort – wie in diesem Roman – quasi alles möglich gewesen, Unterschlagung, Enteignung, Mord, Identitätswechsel. Aus einem solchen Stoff kann man freilich gute Bücher schreiben. Mein einziger Kritikpunkt an Pakete an Frau Blech ist, dass die Geschichte stellenweise doch ein wenig hanebüchen daherkommt und ich die Erklärungen am Ende nicht zur Gänze glaubwürdig finde. Das tut dem Vergnügen aber nicht allzu viel Abbruch, denn Rolf Bauerdick bietet gute Unterhaltung auf hohem Niveau. Ich habe das Buch regelrecht verschlungen – und wünsche euch viel Spaß damit!

Banner

Pakete an Frau Blech von Rolf Bauerdick ist erschienen in der DVA (ISBN  978-3-421-04645-1, 416 Seiten, 21,99 Euro).

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8333„Familie, sagte er, man kann ihr einfach nicht entkommen“
In einer Schneenacht in Berlin trifft Filbert auf Mae, und sie verlieben sich, einfach so. Zwei Wochen später jedoch reist Filbert überstürzt nach Kanada, um dort nach seinem Großvater Stanis zu suchen, den er eigentlich für tot hielt – verraten von seinem Nachbarn Erich Mühlenthal, abtransportiert, hingerichtet. Doch das ist nur eine jahrzehntelang aufrechterhaltene Lüge. Die Wahrheit aufzudecken, ist aber gar nicht so einfach, denn erst einmal findet Filbert nur den Jungen Aureliusz, der in einer stillgelegten Fabrik eine Kutsche bauen will, um Stanis’ größten Fehler auszubessern – in der Vergangenheit. Und während Mae seine Träume träumt, verliert sich Filbert zunehmend in den verrückten Geschichten, die längst vergangen oder vielleicht nur erfunden sind.

Es gibt Bücher, die machen überhaupt keinen Sinn, und gut sind sie trotzdem. Dazu gehört Legenden, der Debütroman der jungen deutschen Autorin Gesa Olkusz. Ich habe mich mit diesem Buch abends ins Bett gelegt, um noch ein bisschen reinzuschmökern – und hatte es 90 Minuten später in einem Rutsch von vorn bis hinten ausgelesen. Und das, obwohl es sehr kompliziert und höchst merkwürdig ist! Und das, obwohl mich sehr komplizierte und höchst merkwürdige Bücher für gewöhnlich schon aus Prinzip wahnsinnig anstrengen! Aber Gesa Olkusz hat mich gepackt, niedergerungen und gefesselt mit ihrer vielschichten Story und mit ihrer exaltierten, kapriziösen Sprache. Ein Beispiel: „Durch den Aureliusz eilt, über den Dorfplatz, seine Orientierung funktioniert einwandfrei, sein Instinkt ist getränkt von goldener Lava.“ Da denkt man doch eigentlich: Wtf?! Aber schön klingt es trotzdem.

Ein Großteil der Faszination von Legenden liegt darin, dass die üblichen Grenzen von Raum und Zeit nicht gelten. Besonders der geheimnisvolle Aureliusz ist wie ein Zeitenwanderer, der Dinge sieht und weiß, aber warum er das kann, bleibt unklar. Wie überhaupt so vieles in diesem total verrückten und abstrusen Roman, der mich schwer begeistert hat, weil er atmosphärisch und melancholisch ist, dabei aber nicht bitter, sondern fast heiter. Ich kann mir absolut keinen Reim auf dieses Buch machen, und will es euch allein schon deshalb empfehlen, damit einer von euch es mir erklären kann. Der Titel passt perfekt, denn Legenden sind selten wahr oder logisch, aber immer eine Erzählung wert.

Banner

Legenden von Gesa Olkusz ist erschienen im Residenz Verlag (ISBN 9783701716357, 192 Seiten, 19,90 Euro).

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8247„Ich hätte wer weiß was für sie getan“
In Paris trifft der Ich-Erzähler eines Abends auf ein Paar: Gérard und Jacqueline. Alle drei sind jung und mittellos, Gérard spielt jedes Wochenende in einem Casino auf dem Land, der Erzähler verkauft antiquarische Bücher, Jacqueline tut nichts außer Äther zu schnüffeln und von Mallorca zu träumen. Sie ist blass und unscheinbar, doch der Erzähler verfällt ihr und ihrer dünnen Lederjacke: Sie scheint ständig zu frieren und einen Beschützer zu brauchen. Sie geht mit ihm ins Bett, schlägt ihm einen Raub vor und flieht mit ihm nach London. Doch dort ist es nicht besser, im Gegenteil: Das Hotelzimmer schimmelt, die beiden haben einander eigentlich nichts zu sagen, und Mallorca ist immer noch fern. Zudem hätte es dem Erzähler, der in London zum Schriftsteller wird, eine Lehre sein sollen, wie leichtfertig Jacqueline Gérard verlassen hat. Doch als er sie 15 Jahre später wiedersieht, würde er trotzdem wieder alles aufgeben für sie.

Der französische Autor Patrick Modiano erhielt 2014 den Nobelpreis für Literatur. Das ist der Grund, aus dem ich – wie bestimmt viele andere auch – auf ihn aufmerksam geworden bin. Dass ich aus seinem umfassenden Werk genau diesen Roman ausgesucht habe, war purer Zufall. Patrick Modiano erzählt darin in einem überraschend schlichten und unaufgeregten Stil von Zufallsbegegnungen, Verrat und einer Liebelei, die dem Protagonisten wohl am meisten wegen ihrer Unergründlichkeit in Erinnerung geblieben ist. Von einer Liebesgeschichte mag ich gar nicht sprechen, es handelt sich vielmehr um ein Aufflackern der Hormone, um ein Ausprobieren, um einen Versuch, das Leben anders zu gestalten – und vielleicht gemeinsam. Während der namenlose Ich-Erzähler besessen ist von Jacqueline, ist sie ein Fähnchen im Wind, eine kleine Opportunistin. Sie raucht und hustet sich durch den Roman, hat wenig Innenleben, ist still und unzugänglich. Der Ich-Erzähler idealisiert und belebt sie, schreibt ihr Emotionen zu, die sie offenkundig gar nicht hat, kalt und leblos, wie sie ist.

Aber sind es nicht immer diese wankelmütigen, schwer greifbaren Menschen, die uns faszinieren? Aus tiefstem Vergessen ist wie ein Bild aus vergangenen Zeiten, in Sepia-Tönen, das nicht nur vom Hoffen und Scheitern junger Menschen berichtet, sondern auch von einem Leben ohne Handys, ohne permanente Erreichbarkeit, dafür mit Zufallsbekanntschaften, Briefen, langen Wartezeiten an Orten, von denen man dachte, der ersehnte Mensch könnte dort auftauchen, und der ständigen Angst, genau denjenigen aus den Augen zu verlieren: „Ich rechnete oft damit, dass Leute, die ich kennengelernt hatte, von einem Augenblick auf den anderen verschwanden und nie wieder etwas von sich hören ließen.“ Heute findet man die ja alle bei Facebook. Diese Verlustangst mag dem Erleben vielleicht mehr Intensität gegeben haben – letztlich erlagen sie aber trotzdem alle einer großen Täuschung. Und das ist wohl auch heute noch so.

Banner

Aus tiefstem Vergessen von Patrick Modiano ist als Taschenbuch erschienen im dtv (ISBN  978-3-423-14432-2, 160 Seiten, 9,90 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Ein klassischer Romanstoff, und vermutlich der schönste von allen: die Erinnerung an ein für immer verlorenes (und dabei schon im Moment des Genusses zweifelhaftes) Glück, an Gerüche, Vergnügungen und Orte, die so nie mehr aufzufinden sind, an die vermeintliche Unbeschwertheit einer Jugend, die nur im Rückblick leicht erscheint und in Wahrheit belastet war von Unruhe und einem unbestimmten Leid“, schwärmt spiegel.de.
– „Die Liebe ereignet sich in diesem schönen Roman mehr nebenbei, aber um so leuchtender. Als Abbild der erzählerischen Laune, die mit dem Kontrast von Schatten und Licht spielt, das diesen Lebensabschnitt charakterisiert“, schreibt der Tagesspiegel.
– „Modianos Helden sind immer auf der Flucht – vor der Vergangenheit, vor sich selbst, vor der Vergänglichkeit des Alltags“, erklärt literaturkritik.de.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8245„Nur unsere Leidensfähigkeit haben wir nicht verloren. Wir können wunderbar leiden“
New York in den 1950er-Jahren: Zwei lernen sich kennen und verlieben sich. Er ist älter, sie noch jung, Anfang zwanzig erst, aber schon geschieden und Mutter. Das Kind lebt bei den Großeltern außerhalb der Stadt. Sie lieben sich also und können doch die Distanz, die zwischen ihnen liegt, nicht überwinden, umtanzen und testen einander, haben guten Sex und bleiben einander dennoch fremd. „Zugegeben, ich habe mich oft gelangweilt, sie war oft bedrückt, an manchen Abenden saß ich ihr gegenüber, hörte Radio oder eine ihrer Schallplatten und wusste nicht, worüber ich mich mit ihr unterhalten sollte.“ Doch dann kommt ein anderer Mann ins Spiel, ein reicher Mann, der ihr einfach so 1000 Dollar bietet, wenn sie mit ihm ins Bett geht. Aber huch, wie könnte sie, wo sie doch einen Freund hat? Nur scheint es dem egal zu sein, und er sieht tatenlos dabei zu, wie er sie verliert, und dann, erst dann, als er sie verloren hat, merkt er, dass er sie liebt – und er leidet, doch das Leben ist weitergegangen und es ist zu spät.

Wisst ihr es noch, damals, diese eine Liebe, aus der nichts geworden ist, bei der man schon tief innen drin wusste, dass sie scheitern würde, und an der man trotzdem umso mehr festhielt? Der eine, auf den man nachts vor der Tür wartete, wegen dem man das Telefon nicht verlassen wollte? Von einer solch absurden, unausgeglichenen, sinnlosen Liebe handelt In Love von Alfred Hayes aus dem Jahr 1953. Dieses Buch ist die Wehmut selbst, in Worte gegossen, garniert mit Unfähigkeit und dem Schweigen, das uns so oft überfällt, wenn wir eigentlich von unseren Gefühlen sprechen sollten. Ein schmales, aber intensives Büchlein, in dem der Protagonist seine eigene Geschichte viele Jahre später in einer Bar einer fremden Frau erzählt – und dabei seltsam kühl und distanziert bleibt, sich fast schon lustig macht über sich selbst, seine Geliebte nur indirekt im Konjunktiv sprechen lässt und durch all dieses Abstandhalten erst recht zum Ausdruck bringt, wie sehr er all das bereut. Ein Roman über Unreife und Unfähigkeit, über das Scheitern und den Kummer darüber. Er und sie, seine einstige Liebe, sind Menschen, die ihre Gefühle lieber beobachten, statt sie zu empfinden. Trotz dieser Leichenstarre, die sich von dem Liebespaar auf den Leser überträgt, ist In Love packend, brillant, sehr empfehlenswert. Wer es gelesen hat, sollte sofort seine Liebe gestehen, all jenen, die nichts davon wissen.

Banner

In Love von Alfred Hayes ist erschienen bei Nagel & Kimche (ISBN 978-3-312-00651-9, 144 Seiten, 17,40 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Alfred Hayes addresses the human condition and its heartbreaks with brevity and brutal honesty“, heißt es auf ny.books.com.
– „Alfred Hayes Roman ist zart und melancholisch. In seiner hoffnungslosen Vergeblichkeit so überzeugend, das man ihn lesen muss, wenn man das gelegentliche Kranken an der Welt für einen notwendigen Urlaub von alltäglichem Zweckoptimismus hält. Beide Protagonisten, namenlos wie sie sind, scheitern wie wir alle an sich selbst und aneinander“, schreibt Sophie von Literaturen.
– „Das besondere Raffinement von Hayes’ Komposition besteht darin, dass er seinen Helden einerseits durch dessen Sensibilität und Reflektiertheit über das Modell des «unzuverlässigen Erzählers» hinaushebt, ihn anderseits aber doch nicht ganz auf festen Boden stellt“, erklärt nzz.ch.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

IMG_8251Eine Hinrichtung in der Dunkelheit Islands
Wir schreiben das Jahr 1829, und das Leben in Island ist hart, geprägt von langen, gefährlichen Wintern, in denen ganze Familien erfrieren, von Armut, Arbeit und Einsamkeit. Einzig die Religion scheint eine Zuflucht zu bieten für die Herzen der Menschen. Das gilt auch für den jungen Assistant Reverend Thorvardur, der plötzlich vor der größten Herausforderung und Glaubensprüfung steht: Die verurteilte Mörderin Agnes Magnúsdóttir hat seinen Beistand erbeten. Er soll ihr in der Zeit vor ihrer Hinrichtung zur Seite stehen. Agnes, so heißt es, habe zusammen mit einem anderen Dienstmädchen und dessen Liebhaber den Herrn des Hauses, Natan, ermordet. Dafür droht ihr die Todesstrafe, doch bis es soweit ist, wird sie auf dem Hof Kornsá untergebracht, wo sie bereits als Kind gearbeitet hat. Die Menschen haben Angst vor ihr, doch die Hofherrin und die Töchter behandeln sie so normal wie möglich und nutzen vor allem ihre Arbeitskraft. In den dunklen Nächten erzählt Agnes ihre Geschichte. Sie hat Natan geliebt. Und sie will nicht sterben.

Der Roman Burial Rites der Australierin Hannah Kent ist auf sehr kuriose Weise entstanden: Eigentlich handelt es sich dabei um eine Studiumsabschlussarbeit. Als die Autorin 17 Jahre alt war, verbrachte sie ein Austauschjahr an einem abgeschiedenen Ort in Island, wo sie zum ersten Mal die wahre Geschichte von Agnes Magnúsdóttir hörte: Sie war die letzte Frau, die in Island hingerichtet wurde. Viele Jahre später war Hannah Kent immer noch fasziniert von Island und von Agnes, und sie beschloss, ihre Abschlussarbeit über sie zu schreiben. Sie recherchierte zwei Jahre lang in Archiven, Kirchen und auf Höfen. Dann setzte sie sich hochdiszipliniert jeden Tag an den Schreibtisch und verfasste ihr Manuskript, mit dem sie später den Writing Australia Unpublished Manuscript Award gewann – und das Buch wurde veröffentlicht.

Die Mischung aus Realität und Fiktion ist Hannah Kent ausgezeichnet gelungen. Man merkt dem Roman an, dass sie tief in die Geschichte und die wahren Fakten eingetaucht ist, all das wirkt sehr fundiert. Obwohl sie keine Isländerin ist, kennt sie sich erstaunlich gut mit dem Land, der Sprache und den Menschen aus – inzwischen lebt sie wohl auch dort. Ebenso glaubwürdig und dicht gewebt sind aber auch die fiktionalen Teile: War es so, hat Agnes Natan geliebt? Ist sein Tod tatsächlich so geschehen? Wir werden es nie erfahren, aber es klingt durchaus plausibel. Burial Rites ist die Geschichte einer Frau, die eine schwere Kindheit und ein hartes Leben hatte ohne Aussicht auf Glück, die stets fremdgesteuert war und schließlich einem grausamen Ende entgegenblickt. Die von allen gefürchteten Mörderin ist ein Mensch mit Ängsten und Sehnsüchten. Fasziniert haben mich die unheimliche, fast gruselige Atmosphäre, das Dunkel, die Furcht, der Schnee, die durch die Seiten kriechen und mich frösteln lassen. Ein sehr besonderes und sehr gutes Buch.

Banner

Auf Deutsch ist Burial Rites von Hannah Kent unter dem Titel Das Seelenhaus bei Droemer Knaur erschienen.

Noch mehr Futter:
– „Kent hat sich mit dem Schicksal der Agnes Magnúsdóttir nicht nur dem Leben einer bedauernswerten Frau gewidmet. An ihrem Schicksal und dem der Menschen, denen sie begegnet, zeichnet sie ein eindrucksvolles Bild einer unsäglich armen und entbehrungsreichen Lebens, in dem der Tod täglich reiche Ernte hält…“, schreibt Flattersatz.
– „Dieser Roman geht unter die Haut und wahrlich erreicht Agnes eine gewisse Unsterblichkeit und dieses Buch bleibt seinen Lesern einfach unvergesslich“, heißt es auf lesefieber.ch.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

„Nur in der Unordnung der Liebe ist jedes Akrobatenstück möglich“IMG_8170
„Die Komik ist Linkshänder, so wie ich“, schreibt Charlie Chaplin in einem fiktiven Brief an seinen jüngsten Sohn Christopher. Er erzählt ihm von seinem Leben in diesem Brief, von der Wahrheit und all dem, was er nie jemandem gesagt hat. Es ist seine letzte Chance, zu berichten, denn der Tod sitzt quasi schon bei ihm im Zimmer. Seit Jahren hat Charlie einen Deal mit ihm: Bringt er den Tod, der ihn holen will, zum Lachen, darf er noch weiterleben. Doch heute, das spürt er, ist es an der Zeit, mitzugehen. Also taucht er noch einmal ein in seine Vergangenheit, in die Welt des Zirkus, in die Anfänge der Filmgeschichte und in den Beginn seiner eigenen, unvergleichlichen Karriere. Er erzählt von Charlie, dem jungen Mann, der von Europa nach Amerika und dort quer durchs ganze Land reist, der jeden Job macht, den man sich nur vorstellen kann, vom Buchsetzer bis zum Boxtrainer, und der schließlich durch Zufall zum Regisseur seines ersten umjubelten Films wird. Dies ist die Geschichte eines weltberühmten Mannes namens Charlie Chaplin, die so vermutlich nicht stimmt, dies ist die Geschichte der Zirkusartistin Eszter und des Schwarzen Árlequin, der aus Liebe zu ihr den Film erfunden hat, eine Geschichte von Freiheit und Verlust, von unmöglichen Zufällen und unsterblichen Gefühlen.

Dem italienischen Autor Fabio Stassi ist mit seinem vierten Roman Ein Pakt fürs Leben ein Meisterwerk gelungen. In einer perfekten Mischung aus Realität und Fiktion porträtiert er einen Mann, dessen Gesicht alle Welt kennt: Charlie Chaplin. Er tut dies so sanft, gewitzt und schlau, dass ich ihm jedes Wort glaube. Vielleicht hat Charlie auf seinem Weg zum internationalen Erfolg wirklich all das erlebt, was Fabio Stassi schildert? Er erzählt von einer Welt, die es lang schon nicht mehr gibt: als es Wochen dauerte, mit dem Zug zu reisen, als man noch Briefe schrieb und Filme stumm waren. Liebte man sich damals intensiver, weil es so leicht war, sich für immer aus den Augen zu verlieren? Amüsierte man sich im Zirkus und im Kino mehr, weil die Auswahl an Zerstreuungen so klein war? Ich weiß es nicht, aber während der Lektüre dieses Buchs kommt es mir so vor. Es staubt in der Manege, es wuselt in Charlies Filmen, es stinkt, die Mägen knurren, die Frauen sind an dem dürren, kleinen Kerl nicht interessiert. Vom Glamour späterer Zeiten ist er noch weit entfernt.

Ich kenne Charlie Chaplin, wie jeder ihn kennt, mit großen Schuhen, weiter Hose und Melone, seiner legendären Verkleidung als „Vagabund“, aber ich weiß rein gar nichts über ihn. Umso mehr hat mich Ein Pakt fürs Leben fasziniert. Schade finde ich allerdings, dass der Autor den Anfängen von Charlies Karriere so viel Platz widmet und dann den Rest seines Lebens so eilig abhandelt. Nach all der Vorbereitung, dem Reisen, dem Hunger und dem Suchen hätte ich gern erfahren, wo Chaplin schließlich ankam und wie es ihm erging. Es ist die Rede von mehreren Ehefrauen, viel Geld und diversen Kindern – aber nur am Rande. Das hat mir das Ende ein wenig verleidet, aber immerhin dazu geführt, dass ich im Internet ein bisschen über Chaplin gelesen habe, um mehr über ihn zu erfahren. Ein Pakt fürs Leben ist ein wehmütiges, sentimentales Buch, das ich euch unbedingt empfehlen will. Je mehr ich vom Kein & Aber Verlag lese, umso begeisterter bin ich. Schöner Verlag, grandioses Buch!

Banner

Ein Pakt fürs Leben von Fabio Stassi ist erschienen im Kein & Aber Verlag (ISBN 978-3-0369-5677-0, 336 Seiten, 20,50 Euro).

Noch mehr Futter:
– „Hauptfigur ist Charlie Chaplin. Man weiß viel über ihn, und doch gibt Lücken, angefangen bei seiner Kindheit in London, beim Zirkus. Fabio Stassi hat sie gefüllt. Er hat sie mit Poesie gefüllt“, schreibt kurier.at.
– „Mit dieser hochpoetischen Lesart von Filmgeschichte, die sämtliche Tatsachen zugunsten von betörender Verträumtheit ignoriert, kommt Stassi dem Herz wie Sinn des Kinos überwältigend nahe“, heißt es auf literaturkritik.de.
– „Indem Stassi eine ganz individuelle Interpretation des großen Komikers gibt, weist er uns über seine raffinierte Konstruktion auf etwas hin, das wir längst wissen: Genau wie Charlie Chaplin sind auch wir nichts als umherstolpernde Clowns, die versuchen sich, so gut es geht, im Kreis der Manege zu behaupten – mit todsicherem Ausgang“, kommentiert kulturfinder-bw.de.

Kleine Köstlichkeiten: 4 Sterne

FreundHallali!
Fred Firneis schreibt Gedichte. Das wäre an sich ja noch nichts Besonderes, aber: Diese Gedichte verkaufen sich richtig gut, und das ist selten. Deshalb ist Fred das Steckenpferd von Susanne Beckman, deren kleiner Verlag fast insolvent ist. Sie braucht ein neues Buch von ihrem Lyrikstar, um den Verlag zu retten. Allein: Der Künstler ist völlig blockiert, schreibt nicht, sondern trinkt, raucht und leidet. Also verfrachtet Susanne Fred in eine einsame Hütte an einem österreichischen Bergsee, wo sich bald das Erhoffte einstellt: Fred bekommt Abstand und kann wieder klarer denken. Er lernt den witzigen Bergfex August kennen, der ihn mit Lebensmitteln und Lebensweisheiten versorgt. Und dann taucht plötzlich die attraktive Mara auf, die ihn endültig aus seiner Lethargie reißt. Doch noch bevor aus den aufkeimenden Gefühlen mehr werden kann, ist Mara auf einmal verschwunden …

Ach! Was für ein wunderbar heiteres Buch. René Freund hat sich eine klassische Situation geschnappt – ein alternder Künstler findet frischen Lebensmut durch eine neue Liebe – und daraus einen amüsanten Roman mit schönem Berliner sowie österreichischem Lokalkolorit gemacht. Es wird getrunken und gelogen, gejodelt und gelacht: Dies ist ein Buch über die Lebensfreude, und zwar umso mehr, weil es von einem handelt, der genau die verloren hat. René Freund verpflanzt seinen Helden in die österreichische Einöde, wirft ihn zurück auf sich selbst, gibt ihm neue Einsichten und Zuversicht. Das zu lesen, ist aufbauend, motivierend und lustig. Susanne, Fred, Mara und August verstricken sich in ein klassisches Doppeltes-Spiel-Komplott, das ganz leicht und seicht ist und genau deshalb Spaß macht. Liebe unter Fischen ist wie eine Luftmatratze: Es geht auch ohne. Aber es ist herrlich erholsam.

Banner

Liebe unter Fischen von René Freund ist erschienen im Deuticke Verlag (ISBN 978-3-552-06209-2, 208 Seiten, 18,40 Euro).