„Ich habe gelernt, mich in Räumen zu bewegen, die nicht für mich kreiert worden sind“
Ich möchte eins vorweg sagen: Bei mir bekommen alle Gastkinder was zu essen, niemand muss im Kinderzimmer warten oder wird nachhause geschickt, im Gegenteil, ich haue doppelt so viel in die Pfanne, was esst ihr gerne, frag ich, ich koch euch was. Und anschließend muss niemand sitzenbleiben am Tisch, ich verstehe überhaupt nicht, wieso. Müssen meine eigenen Kinder auch nicht, ich hab bei dieser Sitzenbleib-Sache oft das Gefühl, dass es da um eine Machtdemonstration geht, aber sicher bin ich mir nicht. Schuhe ausziehen ist sowieso Pflicht, und jetzt weiß ich nicht genau, ob das alles daran liegt, dass ich Österreicherin bin, scheinbar sind das in Deutschland heiße Themen. Nicht zuletzt damit beschäftigt Elina Penner sich in „Migrantenmutti“. Die Autorin, die mit „Nachtbeeren“ einen großartigen und vielbeachteten Roman über Mennoniten vorgelegt hat, hat nun ein erzählendes Sachbuch über Sozialisierung und Scham und Fernsehen und Pommes geschrieben. Sie hangelt sich an ihrem eigenen Aufwachsen und Muttersein entlang, berichtet von ihrer Zeit in Amerika und dem einen oder anderen Clash der Kulturen in Deutschland. Ich mag den Ton und das Rotzige, das sich automatisch einstellt, wenn es einem egal ist, ob man von allen gemocht wird: Elina Penner räumt mit Vorurteilen auf und wirkt Klischees entgegen, es geht um Liebe und Zugehörigkeitsgefühl und Fremdsein und die Frage nach der Heimat. „2040 werden 40 Prozent der Kinder in Deutschland Migrationshintergrund haben“, steht in diesem Buch, und witzig, dass darauffolgt: „Dann wird dieses Buch hoffentlich schon längst unnütz sein“, während ich denke, dass es doch gerade deshalb so wichtig ist. Hinzuschauen, zuzuhören und zu verstehen, warum die einen es so machen und die anderen anders und dass das eine nicht besser und das andere nicht schlechter ist. Es ist außerdem nach wie vor essenziell, dass Migrant:innen ihre Lebenswirklichkeit beschreiben, dass ihre Erfahrungen Raum bekommen und Aufmerksamkeit, dass sie nicht abgetan und abgewertet werden. Ich habe während der Lektüre manchmal genickt, dann den Kopf geschüttelt, manchmal gelacht und mich an anderen Stellen gewundert. Danke, dass du mir Einblick gegeben hast, Elina.