Ein Bruder hat sich umgebracht, da waren’s nur noch 11
Man stelle sich folgende Szene vor: Die Mutter öffnet einem die Tür und sagt “Hello Darling” – weil sie sich nicht an den Namen ihres Kindes erinnern kann. So geht es Veronica mit ihrer Mutter, die 12 Kinder geboren und 7 Fehlgeburten erlitten hat. Und Veronica kommt mit einer schlimmen Nachricht: Bruder Liam hat sich umgebracht.
Wie mit einem Skalpell seziert Anne Enright eine Familie, in der es so viele Mitglieder gibt, dass der Zusammenhalt alle überfordert. Die Beziehungen der Geschwister untereinander sind kompliziert und vielschichtig, alle haben sie ihre Schwierigkeiten im Leben. Veronica hat Liam von allen am meisten geliebt – und konnte ihn doch nicht retten. Sie will die Geschichte erzählen, die zu Liams Selbstmord geführt hat, und setzt sich mit schmerzhaften Erinnerungen auseinander. Das beschreibt Anne Enright mit so viel Einsicht und Klugheit, dass es beinahe weh tut. Sie ist in ihrer Figurenskizzierung so ehrlich, dass die Protagonisten so wirken, als könnte man sie anfassen. Dieses Buch ist richtig gut geschrieben, wartet mit interessanten Wendungen auf und geht mir noch lange nach der letzten Seite nicht aus dem Kopf. Ein Highlight.
Ja, so wie ich das bis jetzt beurteilen kann, ist das Buch wirklich ein Highlight, vor allem auch in sprachlicher Hinsicht.
Das findet man (oder zumindest ich) relativ selten: Ein Buch, das sprachlich ein hohes Niveau hat und zugleich auch einen ansprechenden, nicht zu “abgehobenen” Inhalt.
Ich glaube, auf das neue Buch von der Autorin kann nicht mehr bis zur Taschenbuchausgabe warten……kauf mir bestimmt bald die gebundene Ausgabe. ;))))
Ich freue mich, dass du das auch so siehst! Ich hab allerdings ein wenig Bammel, das neue Buch zu kaufen – viel zu oft folgt eine Enttäuschung, wenn man von einem Roman so begeistert war …