Nadia und Saeed müssen fliehen aus dem Land, in dem sie zuhause sind, weil es auf einen Bürgerkrieg zusteuert, weil es nicht mehr sicher ist. Sie sind verliebt, vielleicht, oder zumindest empfinden sie Zuneigung füreinander, so genau weiß man das nicht beziehungsweise kann man sich da schon mal irren, wenn man sich ständig in Gefahr befindet und einem das Adrenalin durchs Blut schießt. So weit, so gut, die beiden machen sich also auf den Weg in eine andere Welt, in der es ihnen hoffentlich besser geht, und: Ein Buch über Flucht zu schreiben in einer Zeit wie dieser, sollte das nicht eigentlich eine sichere Bank sein? Also hab ich gedacht, Mohsin Hamid, der kann das bestimmt, wenn der sich schon so ein Thema vornimmt, dann hat er dazu auch was zu sagen, dann lässt er all die Emotionen hochkochen, die mit Migration und Heimatlosigkeit verbunden sind. Dann zeigt er, wie es wirklich ist. Stattdessen hat der liebe Mohsin mich schwer enttäuscht, weil er es eben nicht sagt und eben nicht zeigt: Nadia und Saeed fliehen durch eine Tür. Einfach so, sie gehen durch Türen und kommen woanders heraus, das ist alles, daraus besteht ihre Flucht, und ich finde das, Entschuldigung, ein bisschen schwammig, ein bisschen feig, denn wenn man schon die Chance hat, gehört zu werden, sollte man das nicht verharmlosen, nicht so tun, als sei es leicht, ein Durchschlüpfen bloß, haha, eine Tür, nichts sonst, unglaublich eigentlich, dass Menschen dabei sterben. Was ist das, Mohsin, ein Märchen, eine Verarschung, ein Witz? Lest dieses Buch nicht, lest lieber ein gutes, eines, das die Sorgen und Nöte, die Angst und den Kummer von Menschen auf der Flucht ernst nimmt.
Exit West von Mohsin Hamid ist erschienen bei Dumont (ISBN 9783832198688, 224 Seiten, 22,70 Euro).