„Die Geschichte vom kalten Herz hatten sie als Film gesehen“
Anfang der Fünfzigerjahre in Süddeutschland: Liz arbeitet schon als Jugendliche in der Batteriefabrik und hilft abends sowie am Wochenende in der Gastwirtschaft der Eltern. Die sind Geflüchtete und haben es endlich in ein eigenes Haus geschafft, in dem sie unten die Gäste bewirten. Für den Vater bedeutet das, dass er notgedrungen zum Trinker wird, für Liz bedeutet es, dass sie dort in der Wirtsstube ihren zukünftigen Mann trifft. Sie heiratet und bekommt Kinder, lebt ganz gut und irgendwie doch schlecht, weil die Erfüllung nicht zu finden ist in einem Frauenleben, das ganz den Männern untergeordnet gestaltet werden muss. Das weiß auch Liz‘ Mutter Nevenka, die zudem nie über ihre Herkunft und ihre Geschichte gesprochen hat.
Sabine Kucher schreibt vom kalten Wasser der Thaya und vom brennenden Schnaps, von postnataler Depression, bei der es heißt, dass es „schon wieder gehen wird“, von unerfüllten Träumen und lähmender Langeweile. „Die lichten Sommer“ hat einen wunderbaren Titel und ist ein ruhiges, schlichtes Buch, das sich nicht lange mit komplizierten Sätzen oder weit hergeholten Metaphern aufhält: Da erzählt eine so, wie es eben ist. Vor der Kulisse der Nachkriegszeit entwickelt sich ein Familienpanorama, in dem eigentlich niemand so richtig glücklich ist – aber so richtig unglücklich halt auch nicht. Es gibt kein großes Drama, mehr eine satte Unzufriedenheit, die wohl auch Teil der deutschen Geschichte ist. Schön ist, dass die zwei Frauenfiguren im Mittelpunkt stehen dürfen, auch wenn sie einander nicht nah sind. Ein angenehm zu lesender und bei aller Härte freundlich-weicher Roman.