Bücherwurmloch

Eva Lohmann: Das leise Platzen unserer Träume

„Wenn zwei Frauen denselben Mann mögen, ist es nicht ziemlich wahrscheinlich, dass sie einander ebenfalls sympathisch sind?“

Ihr könnt das nicht hören, aber ich seufze gerade laut. Weil ich dieses Buch in der Hand halte. Das Seufzen besteht zur Hälfte aus Zufriedenheit und zur anderen Hälfte aus Erleichterung. Ich plädiere nämlich ständig und überall dafür, dass alte misogyne Narrative aufgebrochen werden. Und Eva Lohmann hat mit diesem Roman genau das getan. Es geht darin um einen Mann, der seine Frau mit einer anderen betrügt. So weit, so unspektakulär. Aber eigentlich geht es in Wahrheit um diese beiden Frauen: Sie sind es, die erzählen. Ihre Stimmen sind es, die wir hören. Der Mann kommt nicht zu Wort, der Mann ist, seien wir ehrlich, nicht so wichtig. Er ist ein Dreh- und Angelpunkt, aber es dreht sich eben nicht alles um ihn. Vielmehr ist er der Auslöser für Begegnungen, die so ablaufen könnten, wie sie es in anderen Büchern und Filmen zigtausendmal getan haben. In „Das leise Platzen unserer Träume“ führen sie aber von ihm ausgehend ganz woanders hin. Das ist unglaublich schön. Und sehr befreiend.

Dieses gehört zu den besten Büchern, die ich 2023 gelesen habe. Weil Eva Lohmann mit feinsinnigem Witz und raffinierten Kniffen Wege abseits vom Mainstream geht. Weil sie eine neue Wirklichkeit erzählt, und durch das Erzählen wird diese Wirklichkeit wahr. Es geht um die Lebensentwürfe von Frauen, um Kinderlosigkeit und Mutterschaft, es geht um Monogamie und Langeweile und Sex. Hervorragend beobachtet sind die Episoden, in denen Jule und Hellen abwechselnd zu Wort kommen, und ihre Gefühle bringt die Autorin gekonnt auf den Punkt. Die dürfen vielseitig sein und widersprüchlich und verwirrend, das macht sie so authentisch. In meinem Lesekreis zu „Diamantnächte“ haben wir überlegt, wie es wäre, wenn Frauen sich nicht länger an Männern orientieren würden, sondern aneinander. Bei ihrer Lesung zu „Jungfrau“ habe ich Monika Helfer gefragt, ob sie sich solche Geschichten vorstellen könnte. Sie hat entschieden Nein gesagt. Aber Eva Lohmann, die kann das. Und zwar richtig gut. Lest dieses Buch, unbedingt.

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