„Ein großes, großes Schluchzen drang durch meinen Körper“
Die Ich-Erzählerin wurde im Alter von sechs Jahren adoptiert, damit sie Pianistin werden konnte: Als Wunderkind galt sie, als hochtalentiert am Klavier. Der Mann, bei dem sie aufgewachsen ist, war also mehr ein Lehrer als ein Vater, und ihre wahren Eltern kennt sie nicht. Jetzt ist sie erwachsen, weltberühmt – und hat gerade während eines Konzerts einfach die Bühne verlassen. Sie konnte nicht mehr spielen, oder vielleicht wollte sie nicht. Stattdessen gondelt sie ein wenig durch die Welt, Griechenland und London, sie ist haltlos und auf der Suche, unterrichtet Söhne und Töchter reicher Eltern. Statt Antworten findet sie einen Hut, den ihr eine Frau hinterlassen hat, die ihr ähnlich zu sein scheint, vielleicht eine Doppelgängerin? Warum begegnet sie ihr immer wieder, an vollkommen unterschiedlichen Orten? Was, wenn ihr Mentor Arthur nun stirbt? Und wie wird ihre Zukunft aussehen?
„Augustblau“ von Deborah Levy, übersetzt von Marion Hertle, ist wie ein Arthouse-Film als Buch: verwirrend, mit Sonnenflecken, zarter Klaviermusik und seltsamen Unklarheiten. Dabei aber angenehm fließend, unterhaltsam, bei aller Fremdheit irgendwie schön. Auf dem Cover ist auch noch ein Pferd, das hat mit dem Inhalt gar nichts zu tun, und gerade deshalb passt es so gut zu diesem Buch. Die Sache mit der vermeintlichen Doppelgängerin ist nicht unbedingt unheimlich, aber doch recht schräg, und der Weg, den die Pianistin zu gehen versucht, verschlingt sich in sich selbst, er hat kein Ende und kein Ziel. Der Roman ist nachdenklich und sanft, als würde man einen selbstvergessenen Spaziergang machen. Ich hab ihn sehr gern gelesen.