Bücherwurmloch

Ella-Maria Nutti: Kaffee mit Milch

„Alles wird immer so viel schlimmer am späten Abend“

Agneta hat eine Tochter, die heißt Tilda. Agneta hat ein Haus, das ihr Vater gebaut hat und das Tilda nicht übernehmen will, weil sie in der Stadt studiert und dort ihr eigenes Leben führt. Agneta hat außerdem einen Freund, denn von Tildas Vater hat sie sich früh getrennt, weil er gewalttätig war, und sie hat ein Geheimnis. Sie ist sterbenskrank, und sie weiß nicht, wie sie ihrer Tochter das beibringen soll. Es ist schwierig geworden, mit ihr zu reden, oder vielleicht war es das schon immer. Agneta überwindet sich, fährt für ein Wochenende zu Tilda, aber auch vor Ort ist es ihr nicht möglich, zu ihrer Tochter zu sagen, dass sie nicht mehr lange zu leben hat.

Die schwedische Autorin Ella-Maria Nutti hat ein tieftrauriges Buch geschrieben – übersetzt von Wibke Kuhn – über Worte, die sich festsetzen im Bauch, in der Brust, im Hals, die es nicht hinausschaffen in die Welt. Weil sie so endgültig sind. Die Idee fand ich gut, den Schreibstil auch, nur bin ich irgendwann müde geworden davon, dass der Roman tatsächlich 200 Seiten lang exakt das behandelt: dass Agneta nicht sagen kann, was sie sagen muss. Recht viel mehr gibt es da nicht, zwar kommt auch Tildas Perspektive immer mal wieder vor, sie heißt dann namenlos „die Tochter“, aber was sie so erlebt, trägt nicht maßgeblich zur Handlung bei oder dazu, dass es überhaupt viel Handlung gibt. Ella-Maria Nutti widmet sich sehr ausgiebig dieser speziellen Sprachlosigkeit, dieser Mutter-Tochter-Beziehung, und auch wenn das vollkommen legitim und schön und wichtig ist, ist es auch am Ende minimal langweilig, um ehrlich zu sein. Es kommt so, wie es kommen muss, das ist sehr erwartbar. Aber vielleicht ist das auch in Ordnung, vielleicht passiert eben, wenn das Leben vorbei ist, nicht mehr viel.

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