Bücherwurmloch

Vera Weidenbach: Die unerzählte Geschichte. Wie Frauen die moderne Welt erschufen – und warum wir sie nicht kennen

„Es gibt keine getrennte Frauen- und Männergeschichte. Die ganze Geschichte ist unsere Geschichte, in der Frauen endlich einen angemessenen Platz erhalten müssen.“

Das schreibt die Journalistin und Reporterin Vera Weidenbach schon im Vorwort, und ich mag es, mit welchem Ansatz sie an dieses Vorhaben herangegangen ist: Frauen müssen nicht in die Geschichte hineingeschrieben werden, sie waren immer schon drin. Wir haben nur alle Aufzeichnungen so gestaltet, dass sie nicht vorkommen, nicht erwähnt werden – ihre Errungenschaften haben wir allzu oft als die von Männern verzeichnet und in Erinnerung behalten. Vera Weidenbach erzählt die Geschichte nun also nicht neu, sie erzählt sie so, wie sie in Wahrheit gewesen ist: Lotte Reininger hat den ersten Trickfilm kreiert, nicht Walt Disney. Camille Claudel war die erste Bildhauerin der Moderne, und ihr wurde übel mitgespielt. Ada Lovelace schrieb nicht nur die Aufzeichnungen eines Mannes nieder, sondern erdachte in Wirklichkeit das erste Computerprogramm. Sie waren überall, diese Frauen, und auch wenn ihnen der Zugang zu Bildung, zu Beruf und freiem Denken verunmöglicht und erschwert wurde, waren sie kreativ und klug und mutig und wichtig. 

„Unterdrückung funktioniert am besten, wenn die Unterdrückten nicht bemerken, dass sie gerade unterdrückt werden. Und am allerbesten ist es, wenn sie die Fehler nicht im System suchen, sondern bei sich selbst.“

Im Gegensatz zu anderen Büchern erzählt Vera Weidenbach nicht anhand einzelner Frauenbiografien und widmet sich dann der nächsten, sondern hantelt sich am Lauf der Zeit entlang – und legt den Fokus auf jene Frauenstimmen, die zum Schweigen gebracht wurden. Wenn es beispielsweise um die 1920er geht, so wird berichtet, was damals gerade los war auf der Welt – und auf welche Weise welche Frauen daran Anteil hatten. Das finde ich sehr interessant und gelungen, es ist, als würden wir zu allem, was wir gelernt haben, zurückgehen – und es diesmal mit anderen Augen betrachten. Äußerst lesenswert!

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