„Ich glaube denen nicht, die sagen, sie könnten nur leben, wenn sie schreiben. Sie würden anders leben, aber leben würden sie schon“
Das Kind hat einen Vater und eine Mutter, einen Namen hat niemand. Und vielleicht sind Namen nicht notwendig, weil die Geschichte so exemplarisch ist: das Aufwachsen in der DDR, die Sprachmächtigkeit des Vaters, die Sprachlosigkeit des Kindes. Das Machtgefällt innerhalb der Familie, die Frage, woher die Ahnen stammen und wohin die Nachkommen gehen. Viele Fragen, die Elke Lorenz zu beantworten versucht, indem sie sich auf die Sprache fokussiert, auf die Worte konzentriert: Der Titel verrät es, und wir wissen, dass das, was gesagt wird – wer sprechen darf, wer Redezeit erhält, wer den allgemeinen Diskurs bestimmt – immer mit Macht einhergeht.
„Schreiben vielleicht, das kann gehen. Aber dann soll man auch wieder reden mit denen, die es gelesen haben. Dabei hat man doch alles gesagt.“
Sehr klar, ein wenig spöttisch, ohne Schnörkel und mit einer fast schon scharfen Ungeduld treibt die Autorin die Lesenden durch dieses Buch: schau hin, sagt sie, erkennst du all die Muster wieder? Gut, und jetzt geh weiter, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Das finde ich kurios und amüsant, ich habe selbst oft genug geschmunzelt – und mir viele Zitate markiert, weil sie so grandios und treffend sind. Ich mag auch den sarkastischen, leicht gereizten Ton, und das Aufgreifen von Plattitüden, um sie zu sezieren.
„Einen Roman könnte man daraus machen, würden die Leute sagen. Ja, dann sollen sie ihn sich doch daraus machen. Ich kann hier jetzt nicht jeder Geschichte hinterherrennen.“
72 Jahre ist Elke Lorenz alt, und dies ist ihr Debütroman. Doch sie hat ihn nicht im hohen Alter aus einem Guss geschrieben, sie hat schon in den Achtzigern mit Skizzen angefangen und sie über die Jahre immer mal wieder erweitert. Das Leben ist ihr dazwischengekommen, und das ist vielleicht – aus literarischer Sicht – tragisch, aber eigentlich ist es auch schön. Und ich rechne es dem Verlag hoch an, dass er nicht, wie in der Branche üblich, dankend abgelehnt hat – sondern erkannt hat, dass in diesem Buch viel Talent, viel Überlegung und viel Lebenserfahrung stecken.
„Geschichte wiederholt sich nicht, aber die Menschen bleiben sich gleich.“
Elke Lorenz schätze ich sehr;)
Liebe Grüße
Marion
Mich interessiert das Buch in jedem Fall, danke für die Vorstellung;)
LG
Kristin