„Die Abschaffung und Veränderung der patriarchalen Kultur ist eine Arbeit, die Männer und Frauen gemeinsam leisten müssen.“
Bücher von bell hooks lese ich immer mit ehrfürchtigem Staunen. Weil sie sanft sind und doch eisenhart, weil sie klug sind und entlarvend. So ging es mir auch mit diesem Titel, in dem die 2021 verstorbene weltbekannte Autorin und Professorin sich der männlichen Seite des Patriarchats widmet. Sie formuliert darin in ihrer gewohnt klaren Sprache aus, was mir unglaublich wichtig ist in allen Diskussionen um das Ende des Patriarchats: dass nämlich die Gesellschaft, in der wir leben und in der Frauen aus vielerlei Gründen unterdrückt werden, auch für Männer die schlechteste aller Welten bedeutet. Unlängst hatte ich dazu ein interessantes Gespräch mit einem Freund, der meinte, im Wort „Feminismus“ steckt automatisch das Weibliche, im Begriff „Patriarchat“ automatisch das Männliche, so entsteht per se ein Gegeneinander. Er hat vorgeschlagen, dass wir den Harmonismus begründen, und bitte sehr: Ich bin Harmonistin. Weil die Zahlen, Statistiken und generell die Biografien und Erlebnisse von Männern für das sprechen, was bell hooks in aller Deutlichkeit ausführt und erklärt: wie männlichen Kindern das Zärtliche, Neugierige, Offene nicht nur abgesprochen, sondern geraubt wird, und dass männliche Gewalt kein Nebenprodukt der Sozialisierung von Jungs ist, sondern dass männliche Gewalt die Sozialisierung von Jungs IST. Und zwar gegen deren Willen. Sehr anschaulich belegt sie, wie sich eine gefühlezerstörende Spirale von Vätern zu Söhnen windet, und dass auch Mütter mitmachen, ohne die Dynamik zu hinterfragen. Das ist oft schmerzhaft zu lesen. Noch öfter habe ich heftig genickt. Und mir gewünscht, ich könnte meinen eigenen Sohn vor den Mechanismen bewahren, denen er jeden Tag ausgesetzt ist. Es ist gut und vollkommen logisch, dass Feministinnen die Gewalt, die von Männern in Richtung Frauen geht, benennen. Aber ich bin, wie bell hooks so schön sagt, der Meinung, dass wir „Männer als Kameraden und Mitreisende in diesem Leben“ erkennen müssen, nicht als Feinde oder Gegner. Sie hat mir das Herz gebrochen mit ihrer Beschreibung von Jungen, denen das Lieben abtrainiert wird, die zu emotionaler Taubheit erzogen werden – und später als erwachsene Männer nicht erkennen, wie sehr das System auch ihnen schadet. Das ist die Frage, die sich am Ende stellt: Wie schaffen wir es, Männern bewusst zu machen, dass sie gemeinsam mit uns gegen das Patriarchat aufstehen müssen – und dass sie dabei nichts verlieren, sondern dass wir alle gewinnen? „Who will cry for the little boy?“
Männer, Männlichkeit und Liebe von bell hooks ist erschienen bei Suhrkamp.