Ob du es glaubst oder nicht, der Wolf Haas ist mir schon oft unter die Nase gerieben worden. Der hat nämlich da studiert, wo ich auch studiert hab, nur ein bisserl früher. Und dann ist er so ein Paradebeispiel dafür geworden, dass man es schaffen kann, auch wenn man aus einem kleinen österreichischen Ort stammt. Er ist also was geworden, der Wolf Haas, vor allem der Autor vom Brenner. Jahrelang waren wir alle so heiß auf die Brenner-Krimis, Verehrung Hilfsausdruck. Dazu musst du wissen, dass sie die Essenz so gut eingefangen haben. Das Ranzige. Das Skifahren. Das Katholische. Das Grantige, Schimpferte. Und sowieso, die Sprache. Die hat er sich schon sehr fein zunutze gemacht, Geistesblitz nichts dagegen. Viele Formulierungen sind was Besonderes, das „Hilfsausdruck“ und „ob du es glaubst oder nicht“ und „jetzt ist schon wieder was passiert“. Irgendwann war es aber auch genug, muss man ehrlich sagen, der Brenner ist müde geworden und wir auch, acht Jahre ist der letzte Band her. Dass es nun einen neuen gibt, hat uns überrascht, die Branche fragt sich „hat der Verlag den Haas gezwungen“ oder „hat der Haas Geld gebraucht“ oder „ist ihm einfach fad geworden“, da ist es gleich hoch hergegangen mit den Spekulationen.
Inzwischen arbeitet der Brenner als Mistler und lebt als Wohnungsgeher, es taugt ihm recht. Mit Kriminalfällen will er nix mehr zu tun haben, aber es hilft ja nicht: Es taucht ein Knie in Wanne 4 am Mistplatz auf, kurz darauf ein paar Finger, ein Kopf, der Rest von einem Menschen, nur das Herz nicht. Der Brenner rennt also davon vor den Toten, aber die Toten rennen dem Brenner nach. Und so ist er auf einmal wieder mittendrin in einem undurchschaubaren Fall, der sich ein bisserl von selber löst und mit einer irgendwie argen Geschichte aufwartet, die gar nicht so recht in österreichisch-bayerische Grenzgebiet passen mag, aber andererseits: warum nicht. Genau das hab ich mir beim Lesen gedacht: notwendig war das nicht unbedingt, aber wenn’s ihm wichtig war, warum nicht! Es war schon schön, wieder einzutauchen ins Bekannte. Und das Buch ist ja auch gleich auf Platz eins der Bestsellerliste eingestiegen, Erfolg Hilfsausdruck. Das Witzigste, was ich rund um Wolf Haas mitbekommen hab, war übrigens nach seiner Lesung, als eine Frau sich was ins Buch schreiben hat lassen und hinterher verschmitzt gesagt hat: „Jetzt ist schon wieder was signiert.“
Müll von Wolf Haas ist erschienen bei Hoffmann & Campe.