Bücherwurmloch

Daniel Woodrell: Der Tod von Sweet Mister

„Ich war noch ein Kind, als du geboren wurdest“
Ach, wie großartig ist Daniel Woodrell! Kaum einer kann die absurde Traurigkeit des Lebens so gut einfangen wie er: Von Kindern, die keiner will, erzählt er, von Gewalt und Missbrauch, Drogen und Alkohol, von Orten, an denen niemand leben möchte, während zugleich so viele es aber tun. Über Winters Knochen habe ich geschrieben, es sei „ein Buch der Extreme, trocken wie ein Bachbett, an dessen Ufer man verdurstet, und lieblos wie ein Schlag ins Gesicht“. Es geht darin um Meth-Köche, Verrat und das nackte Überleben in einer Gegend, die sich in Amerika befindet – aber genauso gut in der Dritten Welt sein könnte. Daniel Woodrell schreibt knallharte Geschichten, und er findet dafür knallharte Worte. Das gilt auch für Der Tod von Sweet Mister, in dem der 13-jährige Shug ein ungesundes Verhältnis zu seiner Mutter Glenda hat. Er ist ein dickes Kind, das von seinem Stiefvater Red genötigt wird, in Häuser einzubrechen und die Medikamente kranker Menschen zu stehlen. Red schlägt Shug, schlägt Glenda, verschwindet für Wochen, taucht plötzlich wieder auf. Nichts ist gut in diesem kleinen Haus, das mitten auf einem Friedhof steht, den Glenda und Shug pflegen. Als Glenda Jimmy Vin Pearce kennenlernt, einen Mann mit einem schimmernden Thunderbird, wirkt er auf sie wie ein Ticket in die Freiheit. Doch in Wahrheit fangen die Probleme erst an.

Die Bücher von Daniel Woodrell sind so düster, wie ihre Cover vermuten lassen: Es gibt darin nichts Schönes. Keine Zufriedenheit, kein gutes Leben, keine Perspektiven, keinen Familienzusammenhalt. Vielmehr kämpfen die Menschen – um Geld, um ein wenig Zuneigung, um ein Ende der lebensbedrohlichen Gewalt, denen sie tagtäglich ausgesetzt sind. Nicht selten werden sie dabei selbst gewalttätig. Daniel Woodrell schreibt über die, für die alles beschissen ist. Meisterhaft seziert er die Gesellschaftsschicht der Kleinkriminellen, der Drogendealer, Frauenschläger und Trinker, geradezu poetisch ist seine Sprache des Elends. Das Ende des Romans ist erstaunlich fies, es hat mich überrascht – und war gleichzeitig das einzig Logische. So muss das sein in einem Buch: Alles fällt am Ende zusammen, aber nichts fällt aus dem Takt. Aufwühlend, klug, lesenswert.

Der Tod von Sweet Mister von Daniel Woodrell ist erschienen bei Liebeskind.

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