„Das Ting macht dich zum perfekten Menschen“
Sie sind zu viert, und jeder bringt wichtige Talente mit: Linus hat eine App erdacht, die alle Bedürfnisse der Menschen erahnt und ihnen essenzielle Tipps gibt. Programmiererin Neo sorgt dafür, dass mit den Codes alles glattläuft. Adam ist der Arrogante mit dem Unternehmergeist, und Kasper hat das Geld. Aus unterschiedlichen Gründen sind sie in diesem Team gelandet, das nun vor allem ein Ziel hat: Das Ting – so heißt die App – funktionstüchtig und serienreif zu machen, um damit in Folge möglichst alle Smartphones auszustatten, die es auf dieser Erde gibt. Dazu müssen sie die App allerdings zuerst einmal selbst testen. Und so verpflichten sie sich dazu, jeder Anweisung, die das Ting ihnen gibt, Folge zu leisten. Wer es nicht tut, verliert seine Anteile am aufsteigenden Start-up.
Artur Dziuk hat sich eine Geschichte ausgedacht, die so weit gar nicht entfernt zu sein scheint von der Realität: Während man noch lächelt angesichts der Tatsache, dass das Ting genau weiß, ob die Anwender zu wenig getrunken haben, mehr schlafen und bessere Entscheidungen treffen sollten, benutzen wir alle genügend verschiedene Apps, die im Endeffekt dasselbe tun – das ist keine Zukunftsmusik, das ist die Wirklichkeit. Das Ting vereint sämtliche physiologischen und psychologischen Symptom-Sammel-Mechanismen, die andere Anwendungen jetzt bereits besitzen, und wird dadurch zur einzig nötigen App – die sich ins Leben der Menschen einmischt. Die vier Hauptfiguren dieses Romans, denen in wechselnder Reihenfolge jeweils ein Kapitel gewidmet ist, schlagen sich deshalb herum mit Empfehlungen romantischer, freundschaftlicher, finanzieller Natur, und das Ting ist sehr hartnäckig.
Artur Dziuk hat auf unterhaltsame Weise eine Art Google-Future-Dystopie-Roman kombiniert mit Gossip-Dawson’s-Creek-Junkfood. Intrigen und Romance, Geld, Ruhm und Verrat – all das bringt er aufs Tapet und scheint dabei so richtig Spaß zu haben: Grinsend stelle ich ihn mir vor beim Schreiben, wie er plottet und alle miteinander verbindet, sie schmoren lässt und sich ein überraschendes Ende ausdenkt für Linus, Neo, Adam und Kasper – und die Lesenden, die sich mit diesem Buch amüsieren werden. Schlau gemacht, flüssig zu lesen, ist Das Tingwie eine mitreißende Netflix-Serie (als die ich es mir wirklich gut vorstellen könnte) mit ambitionierten jungen Menschen, die sich zwischen Geld und Moral entscheiden müssen.
Das Ting von Artur Dziuk ist erschienen bei dtv bold (ISBN 978-3423230063, 464 Seiten, 18 Euro).