„Diese Auffassung hatte etwas Verführerisches für mich: schnell lieben, heftig und flüchtig. Ich war nicht in dem Alter, dem Treue etwas bedeutet. Rendezvous, Küsse, schließlich der Überdruss, das war alles, was ich von der Liebe wusste“
Denn Cécile ist erst siebzehn in jenem Sommer, den sie mit ihrem Vater an der Küste verbringt, in einem Haus am Meer. Dass sie durch die Prüfungen gefallen ist, kümmert sie nicht weiter, lieber geht sie segeln mit Cyril und vertreibt sich die Zeit mit allerlei Amüsements.
„Und wir sagten uns Liebesworte, die am Abend so süß klangen und die ich am nächsten Morgen vergessen hatte.“
Vater Raymond ist ein charmanter Casanova, seine Freundin, die er mitgebracht hat in den Urlaub, kaum älter als seine Tochter. Doch dann stößt die schöne Anne, eine Freundin von Céciles verstorbener Mutter, zu der heiteren kleinen Gesellschaft an der Côte d’Azur.
„Anne war nicht boshaft. Ich spürte, dass sie ganz und gar gleichgültig war, ihre Urteile besaßen nicht die Präzision, die Schärfe der Bosheit. Umso niederschmetternder waren sie.“
Plötzlich hat es ein Ende mit dem leichten Leben, es drohen Ernsthaftigkeit, Lernen und Sesshaftbleiben, denn Raymond trennt sich von dem Mädchen und wendet sich der Frau zu: Er möchte Anne heiraten.
„Um innerlich ruhig zu sein, brauchten mein Vater und ich äußerlichen Trubel. Und das würde Anne nicht zulassen können.“
Cécile mag Anne. Sie bewundert sie, sie hatte nie eine Mutter. Und doch geht es ihr gegen den Strich, dass sie umgemodelt werden soll, dass der Vater ihr entzogen wird, und sie beschließt, dass sie dagegen vorgehen muss. Sie beschließt es mit der Naivität und Grausamkeit jener, die jung sind – und setzt einen perfiden Plan in die Tat um.
Ein Buch, das so bekannt ist, dass sein Titel ein geflügeltes Wort geworden ist. Eine Geschichte, von der man wieder und wieder hört. Und die ich dennoch bisher nicht gelesen hatte. Als Bonjour tristesse mir letztens in einer Buchhandlung in die Hände fiel, habe ich sofort zugegriffen und gewusst: Jetzt aber. Dieser Klassiker ist mein. Und dann habe ich ihn innerhalb von zwei Tagen weggelesen mit vor Erstaunen aufgerissenen Augen, großem Interesse und dem vorherrschenden Gedanken: Verdammt, ist das gut. Es ist wirklich so gut, wie der Erfolg glauben macht. Und es hat sogar heute noch eine enorme Wirkung, obwohl es seinem zeitlichen Kontext, in dem es wie eine Bombe hochgegangen sein muss, enthoben ist. Sehr lesenswert ist in diesem Zusammenhang das kluge Nachwort von Sibylle Berg, das in dieser Ausgabe enthalten ist – sie zeigt, wie und warum Sagan damals Staub aufgewirbelt hat und auch, wie es der Autorin später erging. Ein kluges Buch mit mehr Lebensweisheit, als man einer Neunzehnjährigen zutraut, mit Sätzen und Einsichten für die Ewigkeit – Chapeau.
Bonjour Tristesse von Françoise Sagan ist als Taschenbuch erschienen bei Ullstein (ISBN 9783548290836, 176 Seiten, 12 Euro).
Hallo Frau Fallwickl,
ich war gestern bei Ihrer Lesung in Hallein. Durch Ihren Vortrag und Ihre Lesung aus dem Buch habe ich einen noch besseren Zugang zum Text erhalten. Ich werde das Buch jetzt nochmals mit anderen Augen lesen. Ihr direkte und schonungslose Art hat mit schon in “Dunkelgrün fast Schwarz” begeistert.
Wann hören diese anzüglichen Bemerkungen und von diversen Wengers endlich auf. Warum muss man als Frau immer auf der Hut sein?
Finde auch die Figur der Tochter für unsere heutige Zeit sehr wirklichkeitsnah beschrieben.
Freue mich schon auf Ihren nächsten Streich.
Liebe Grüße
Oh wie schön, vielen Dank für die Nachricht! Dann hab ich ja was Gutes bewirkt 🙂 Ich hoffe sehr, dass sich das für unsere Töchter irgendwann endlich ändert … Alles Liebe!