„Keine Frau hat jemals eine solche mit dem Tod ringende Poesie auf die Leinwand gebracht“
„Ich habe aber immer gern behauptet, ich sei 1910 geboren. Nicht um mich aus Eitelkeit jünger zu machen, sondern weil in dem Jahr die mexikanische Revolution begann, und ich bin eine Revolution.“
Wer war Frida Kahlo? Was für ein Mensch steckt hinter ihren weltberühmten, intensiven, einzigartigen Bildern? Die Spanieren María Hesse, die ihren Künstlernamen aus Verehrung für Hermann Hesse gewählt hat, nimmt sich dieser geheimnisvollen Frau an und erzählt ihre Geschichte durch ihre eigene Interpretation von Fridas Bildern. Geradezu herausragend gelungen ist die Kombination von Illustrationen und Worten – Fridas eigenen Worten, Marías Worten – zu einer unglaublich schönen, sehr berührenden Hommage an die 1954 verstorbene Künstlerin.
„Anscheinend kennen alle Frida Kahlo“, steht in der Einleitung, und als ich das gelesen habe, dachte ich: Nein, nein, eigentlich nicht. Ich weiß nichts über Frida, ich kenne ihre Bilder, ich kenne ihr Gesicht, die signifikanten Augenbrauen, ihren Stil. Aber das ist auch schon alles. Umso neugieriger war ich darauf, mehr über diese leidenschaftliche Frau zu erfahren, die nur 47 Jahre alt geworden ist. Und dann war ich überrascht von dem Schmerz. Dass Frida Kahlos Leben derart von Schmerz geprägt war – von körperlichem wie seelischem – hatte mit Sicherheit Einfluss auf ihre Kunst. Sie wurde mit Spina bifida geboren und erlitt mit achtzehn Jahren einen derart tragischen Unfall, dass sie fast gestorben wäre. Sie wurde von einer Eisenstange durchbohrt, und obwohl sie gerettet werden konnte, war der Schmerz von da an ununterbrochen bei ihr. Später mussten ihr sogar Gliedmaßen abgenommen werden. Doch auch das Herz Frida Kahlos wurde gebrochen, mehrfach gebrochen – in erster Linie von ihrer großen Liebe Diego, dem Mann, den sie gleich zweimal heiratete. Selten war der berühmte Spruch „sie liebten und sie hassten sich“ wohl so treffend.
Derart fasziniert war ich von diesem wunderschönen, liebevoll gestalteten Buch, dass ich mir, kaum hatte ich es gelesen, auch den Film mit Salma Hayek aus dem Jahr 2007 angesehen habe. Und dabei habe ich etwas Erstaunliches festgestellt: Obwohl María Hesses Biografie schmal ist, obwohl sie wenige Zeilen enthält und ein Film ja viele Bilder bietet, intensive, zusammenhängende Bilder, obwohl Salma Hayek eine gute, überzeugende Schauspielerin ist, hat mir dieses Buch viel mehr gegeben und viel mehr bedeutet als der Film. Am besten daran finde ich, dass man Frida Kahlos Stil so deutlich erkennt, dass das wirklich ihre Bilder sind – und zugleich nicht, zugleich liegt María Hesses Filter darüber, ihre Handschrift. Hier hat eine Frau eine andere Frau geehrt – auf kreative, eigenwillige, fantasievolle und vor allem völlig unkitschige Weise. Absolut großartig!
Frida Kahlo — Eine Biografie ist erschienen bei Suhrkamp Insel (ISBN 978-3-458-36347-7, 143 Seiten, 20 Euro).