Es gibt Bücher, die wollen so viel. Sie sind überfrachtet und möchten gefallen, möchten glänzen und aufmerksam machen. Dann gibt es Bücher, die sind schmal, die brauchen nicht viele Worte – und sie können so viel. Ein solches ist Paulus Hochgatterers Erzählung aus Kriegstagen, die gerade mal 110 Seiten zählt und dennoch eine ihr eigene Wucht besitzt. Sie spielt im Oktober 1944, allzu lang wird er nicht mehr dauern, der Krieg, doch das weiß natürlich niemand, sie spielt auf dem Land, in Österreich, und sie berichtet von einem dreizehnjährigen Mädchen, das keine Eltern mehr hat, das überhaupt niemanden mehr hat. Es wird auf einem Hof aufgenommen und dort zumindest nicht schlecht behandelt. Als ein russisches Kriegsgefangener dort auftaucht, entsteht eine winzig zarte Verbindung, für die jedoch gar keine Zeit bleibt, die schon gleich erstickt wird. Und Paulus Hochgatterer schreibt das so, als wäre er dabei gewesen, er schreibt das, als hätte er gefühlt, wie Krieg ist, wie Angst ist und Verlust. Sein Stil ist schnörkellos und hält sich nicht auf mit langen Erklärungen, mit Wortexperimenten, mit Glanz und Gloria. Fast schon mündlich wirkt dieser Roman, ohne Umschweife und gerade deshalb so authentisch. Er ist eine Momentaufnahme aus einer lang vergangenen Zeit, aus einer schlimmen Zeit, die nicht vergessen werden soll und darf. Und doch, das fasziniert mich am meisten, gelingt es, kleine Schönheiten zu finden in diesem Alltag, in diesem Leben, das stets bedroht ist von seinem Ende.
Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war von Paulus Hochgatterer ist erschienen bei Deuticke (ISBN 978-3-552-06349-5, 110 Seiten, 18 Euro).