John Williams ist eine Wiederentdeckung. Sein Roman Stoner wurde erst posthum zum Welterfolg – Williams ist 1994 gestorben – und gehört heute zu den modernen Klassikern Amerikas. Es hat mich überrascht, dieses Buch über einen Farmerjungen, der an die Universität geschickt wird, um etwas über Landwirtschaft zu lernen, sich jedoch dann für die Literatur interessiert. Zu Arthur, dem Protagonisten in Nichts als die Nacht fand ich keinen so direkten Zugang, er ist ein irgendwie steifer Typ, gefangen in den eigenen Zwängen, vor allem im Konflikt mit dem übermächtigen Vater. Nun muss man wissen, dass John Williams Mitglied des Army Air Corps war und im Alter von 22 Jahren nach einem Flugzeugabsturz schwer verletzt im burmesischen Dschungel festsaß. Er hat dort wohl dem Tod ins Auge geblickt, und er hat dort dieses schmale Buch, sein erstes Buch, geschrieben über einen, der sich treiben lässt im Leben, der Konflikten ausweicht und sich doch eigentlich so viel wünscht. Das gibt der kurzen Erzählung eine intensive Kraft, und dennoch: Ich mochte Stoner lieber, viel lieber, wenn ihr also etwas von John Williams wiederentdecken möchtet, dann greift zu seinem Roman, der einem die Augen öffnet für das Gute im Alltag – und zwar auf völlig unesoterische Weise.
Als er sie ansah, wurde ihm wieder bewusst, wie offenkundig und grundlegend die Menschen voneinander getrennt sind. Hier saßen zwei Personen so nahe beisammen, dass ihre Körper sich berührten, und jeder war sich der Gegenwart des anderen bewusst, jeder war auf eigene Weise beflissen um den anderen bemüht, versuchten sie doch beide je für sich, die Schale des anderen zu einer inneren Wirklichkeit zu durchbrechen, versuchten zugleich dafür zu sorgen, dass der andere so leicht wie nur möglich in die jeweils eigene Schale vordringen konnte, und doch scheiterten sie elendiglich bei jedem Versuch.
Nichts als die Nacht von John Williams ist erschienen bei dtv (ISBN 978-3-423-28129-4, 156 Seiten, 18 Euro).