Ich glaube, Kirsten Fuchs ist ein bisschen verrückt. Und ich glaube, das ist ganz gut so. Ich mag sie schon lange, habe einiges von ihr gelesen und folge ihr auf Twitter, wo sie so unbedarft-lustig aus dem Chaos erzählt, das unser aller Leben ist. Auf ihr neues Buch hab ich mich sehr gefreut, und es hat mich in einer Zeit erreicht, in der ich das dringend nötig hatte: ein bisschen Schmunzeln, ein bisschen Unernsthaftigkeit, ein bisschen was Verrücktes. Ich weiß nicht, wie die Frau das macht, so großartige Vergleiche und Sprachbilder zu schaffen, die irgendwie verquer sind und dabei sehr originell, die im Kopf bleiben und in den Mundwinkeln, die es automatisch nach oben zieht.
Aus dem Schweißgeruch könnte man einen Möbelpacker kneten, aus dem Biergeruch einen zweiten.
Wir sind mit voller Absicht nichts geworden, und das hat ja auch geklappt.
Sagen wir mal, das ganze Jahr fühlte sich an, als wäre ich wie Obelix als Kind in einen Topf mit Zaubertrank gefallen, nur dass mein Zaubertrank nicht stark machte, sondern ab dem fünfunddreißigsten Jahr unglücklich.
Solche Sätze schreibt Kirsten Fuchs, und ich finde die so gut, dass ich sie umarmen möchte. Mit dem ganzen Buch möchte ich ins Bett gehen, ich glaube, es würde Spaß machen, wir würden uns was zu sagen haben, aber auch lachen können miteinander. Doch wenn ihr jetzt denkt, Kirsten Fuchs sei eine Ulknudel und Signalstörung eine Sammlung klamaukiger Erzählungen, dann habe ich euch in die Irre geführt, denn das ist nicht der Fall. Die Kurzgeschichten haben durchaus Tiefgang, sie erzählen von Alkoholismus und Arbeitslosigkeit, von erster Verliebtheit und Missverständnissen.
Sätze wie
Nermin hatte jedes Mal einen Stacheldraht im Bauch, wenn sie an diese Lager denkt, denn ihre Eltern kamen auch damals in ein Lager, als sie ankamen, und irgendwie sind sie dann nie ganz angekommen.
stehen da nämlich auch drin, und jetzt werdet ihr mir hoffentlich zustimmen, dass Kirsten Fuchs einfach großartig ist – und dieses Buch auch.
Signalstörung von Kirsten Fuchs ist erschienen bei Rowohlt (ISBN 978-3737100441, 224 Seiten, 18 Euro).
Ich muss leider sagen, dass ich mit Kirsten Fuchs nicht so viel anfangen kann. Ich habe dieses Jahr Mädchenmeute von ihr gelesen und fand die Metaphern und Sprachbilder, die dir so gefallen (und die mich an deine zitierten Stellen erinnern) einfach zu seltsam, oft musste ich sie mehrmals lesen, um zu verstehen, was gemeint ist. Deshalb konnte ich mit ihrem Stil und den Figuren (die ja auch so reden) nicht warm werden. Aber ich verstehe schon, dass das originell ist – ich glaub, man muss sich einfach erstmal dran gewöhnen. 😉
Hmmm, also wenn die so reden, dann kann ich mir schon vorstellen, dass das merkwürdig ist. In den Kurzgeschichten gibt es eigentlich gar keine Dialoge, vielleicht kam es mir deshalb nicht so seltsam vor?