Netter Versuch: 2 Sterne

Grégoire Delacourt: Wir sahen nur das Glück

Delacourt„Ich werde dafür bezahlt, weder Herz noch Mitgefühl zu haben“
„Manchmal war ich wie berauscht von der Vorstellung, das Leben der anderen verändern zu können“, sagt Antoine, der als Gutachter für eine Versicherung arbeitet. Er muss im Schadensfall bewerten, ob jemand Geld bekommt – und wie viel. Er entscheidet über Existenzen. Als er einmal seinem Herzen statt seinem Verstand folgt, ist er prompt seinen Job los. Seine Frau verlässt ihn auch, und seinen Kindern war er nie ein guter Vater. Antoine muss erkennen, dass er am Boden ist. Kann er überhaupt noch tiefer sinken? Ohja, er kann. Denn in seiner Verzweiflung lässt er sich zu einer unfassbar grausamen, egozentrischen Tat hinreißen, für die er ins Gefängnis muss. Als er Jahre später freikommt, beginnt er ein neues Leben. Doch wie das eben oft so ist mit der Vergangenheit – sie lässt ihn nicht los …

Grégoire Delacourt ist ein erfolgreicher französischer Schriftsteller, und dies ist bereits sein fünftes Buch. Mit Alle meine Wünsche hat er mich völlig verzaubert, ich denke noch heute gern an diese Geschichte zurück. Dann kam sein neues Werk – und da habe ich von jenem Zauber leider nichts gespürt. Nicht mal ein winziges Fünklein. Das ist in erster Linie natürlich reichlich schade. Und bestärkt mich erneut in meiner Ein-Buch-pro-Autor-Philosophie, um solche Enttäuschungen zu vermeiden. Protagonist Antoine ist ein zutiefst langweiliger Held, der zugleich einen an der Waffel hat, und zwar so richtig. Er ergeht sich in einem langen inneren Monolog, er lamentiert vor sich hin, leidet an sich selbst, erzählt von seiner lieblosen Kindheit und seinem eigenen Versagen als Vater. Das ist … nun ja, nicht allzu aufregend, sagen wir es so. Es folgt ein spektakulärer, krasser und überraschender Vorfall, der das Buch zweiteilt – und der Rest ist dann ebenso langatmig und dröge wie der Beginn. Denn jetzt hat Antoine wirklich einen Grund, sich schlecht zu fühlen und sich Vorwürfe zu machen. Das tut er auch ausgiebig.

Es widerstrebt mir, schlecht über ein Buch zu sprechen. Weil viel Arbeit drinsteckt. Weil es anderen Lesern vielleicht durchaus gefällt. Ahahahaber: Ich habe mich mit Wir sahen nur das Glück schrecklich fadisiert. Die Story hat mich nicht gepackt, nicht einmal ein bisschen, der Protagonist war mir zutiefst unsympathisch und über die Maßen egal. Und natürlich waren meine Erwartungen nach „Alle meine Wünsche“ reichlich hoch, was fast immer problematisch ist. So kann ich nur hoffen, dass irgendjemand da draußen den Roman mehr mag als ich. Auch wenn es mich sehr wundern würde.

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Wir sahen nur das Glück von Grégoire Delacourt ist erschienen im Atlantik Verlag (ISBN 978-3-455-60021-6, 272 Seiten, 20 Euro).

0 Comments to “Grégoire Delacourt: Wir sahen nur das Glück”

  1. Du hast tatsächlich bis zum bitteren Ende durchgehalten? Hui. Mich hat dieses Buch wahnsinnig gemacht. Ich habe etliche Male angefangen und es mich einfach nur genervt. Also Chapeau für dein Durchhaltevermögen 😉

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