Auf der Suche nach einem Freund
Der Ich-Erzähler und sein Freund Moritz kennen sich schon lange, und gemeinsam sind sie nach Berlin gezogen, um zu studieren. An der Uni sieht man sie selten, umso öfter dafür in den Clubs und Bars der Stadt. Moritz ist eher ein Eigenbrötler und gilt im Freundeskreis als merkwürdig, der Freund gibt ihm stets Rückendeckung. Sie sind jung, alles liegt vor ihnen – doch dann verschwindet Moritz plötzlich spurlos. Ist ihm etwas passiert? Oder wollte er einfach nur fort, etwas erleben, die Welt sehen? Ratlos und halbherzig sucht der Ich-Erzähler nach ihm, trifft sich mit seiner Ex-Freundin Anna, übertüncht den Schmerz – und weiß nicht so recht, wohin mit sich und seinen Gefühlen.
Der junge deutsche Autor Boris Pofalla hat sich eine Geschichte ausgedacht, deren Anfang und Ende für den Leser nicht sichtbar sind. Als das Buch beginnt, ist Moritz schon fort, er hat eine Lücke hinterlassen, ein schwarzes Loch, in das sozusagen alles hineinfällt, an dessen Rand der namenlose Ich-Erzähler entlangwandert. Die Freundschaft selbst, ihr Entstehen und ihre Besonderheiten, liegen in der Vergangenheit und bleiben im Dunkel, anhand von zwei, drei exemplarischen Fragmenten versucht der Autor, zu zeigen, dass es eine schöne Freundschaft war. Umso rätselhafter, warum Moritz ohne ein Wort gegangen ist. In diesem Dunkel liegt auch das Ende der Story, weil sie nirgends hinführt, weil das Rätsel nicht gelöst wird, nicht einmal ansatzweise. Nun könnte man sagen, dass der Ich-Erzähler, der so jung und unreif und orientierungslos ist, auf der Suche nach seinem Freund sich selbst findet, aber das ist überhaupt nicht der Fall. Da gibt es noch gar nicht viel zu finden, kaum Persönlichkeit, keine Ziele, keine brennende Leidenschaft für nichts. Eine halbgare Liebe zu Anna und die betäubende Wirkung von Drogen beschäftigen ihn eigentlich am meisten, Berlin als trendige Kulisse des Romans strotzt vor Möglichkeiten und vor Hipstern. Boris Pofalla schreibt gut, seine Prosa ist überlegt, elegant, sehnsuchtsvoll. Inhaltlich gibt Low aber viel zu wenig her, wabert ein wenig haltlos dahin, ist so merkwürdig unfertig wie sein Erzähler. Großes Potenzial, aber noch nicht auf den Punkt umgesetzt.
Low von Boris Pofalla ist erschienen im Metrolit Verlag (ISBN 978-3-8493-0365-5, 222 Seiten, 20 Euro).
Ein paar versammelte Stimmen zu Low findet ihr beim Perlentaucher.