Für Gourmets: 5 Sterne

Molly Antopol: Die Unamerikanischen

IMG_8241Ein 4.-Juli-Feuerwerk an Geschichten
Sie sind keine Amerikaner, denn ihre Wurzeln liegen in Weißrussland oder Israel, aber sie leben in den Staaten, sind ausgewandert, geflüchtet, oder wollen dorthin reisen. Amerika ist der rote Faden, von dem die unamerikanischen Figuren in Molly Antopols Geschichten zusammengebunden werden. Da ist der israelische Soldat, dem ein Bein abgenommen wird und dessen Freundin die geplante USA-Reise mit seinem Bruder antreten will, da ist der alternde Mann mit weißrussischen Wurzeln, der eine jüngere Frau heiratet und auf der Hochzeitsreise nach Kiew verliert, und da ist der nachlässige Vater, der mit Frau und Kind aus Prag geflohen ist und Jahre später Angst vor dem hat, was die Tochter in einem Theaterstück über ihn auf die Bühne bringen wird. Das ist übrigens meine Lieblingsgeschichte. Oder doch die Story von Talia und Tomer, die sich zum falschen Zeitpunkt ineinander verlieben? Oder die Geschichte von Alexi, der nach einem Jahr Gefängnis seinen Sohn zum ersten Mal wiedersieht … Ich kann es nicht sagen, ich mochte sie alle, jede Story, jede Seite, jeden Satz – ein ganzes Lieblingsbuch ist das geworden, von vorn bis hinten. Ein neues Juwel in meiner Ich-entdecke-Kurzgeschichten-für-mich-Schatzkiste.

Aufgefallen ist mir Die Unamerikanischen von Molly Antopol in der Frühjahrs-Vorschau von Hanser Berlin, allerdings nicht wegen des (ja doch eher hässlichen) Covers, sondern weil die Autorin so hübsch ist. Da musste ich zweimal hinschauen, das wollte ich lesen, und als Hanser-Lektorin Tatjana Michaelis beim Bloggertag genauso von den Erzählungen schwärmte wie die Klappentexterin, war ich sowieso schon total angefixt. Und Molly Antopol kann all diese hohen Erwartungen erfüllen – mit Leichtigkeit und mit Verve. Sie schreibt klug und pointiert, beweist eine erstaunlich scharfe Beobachtungsgabe und ein feines Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen. Ihre Geschichten regen ebenso zum Nachdenken wie zum Schmunzeln an, denn sie scheinen mir bei aller Ernsthaftigkeit auch ein bisschen zuzuzwinkern. Was kann ich noch sagen, damit ihr dieses Buch lest? Denn ich will unbedingt, dass ihr es tut! Es ist großartig, schön, wehmütig, intelligent und einzigartig. Ihr werdet es nicht bereuen, ich verspreche es.

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Die Unamerikanischen von Molly Antopol ist erschienen bei Hanser Berlin (ISBN 978-3-446-24771-0, 320 Seiten, 20,50 Euro).

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