Na bravo!
Die Bravos, das sind: Mutter Arla, mit 62 immer noch eine imposante Erscheinung, trotz des halbierten Fußes, des Stocks und des anstrengenden Lebens. Dann gibt es noch Tochter Sofia, wie die Mutter gesegnet mit Schönheit, feuerrotem Haar und einem ebenso wilden Temperament. Das familieneigene Restaurant wird geführt von Sohn Frank, der in erster Linie beherrscht ist von einem alten Schuldgefühl und seiner Liebe zu Elisabeth, die unglücklicherweise Franks Schwägerin ist. Ihr Mann, Carson Bravo, hat es nicht so mit der Ehrlichkeit – und deshalb steht ihm das Wasser bis zum Hals. Ebenfalls zur Familie gehörend, aber aus diversen Gründen abwesend sind Vater Dean und Sohn Will. Eine große Familie mit großen Problemen: willensstarke Charaktere, ein halb zerfallenes Haus, lähmende Schuld und lange gärende Wut – das ist eine explosive Mischung. Und als den Bravos viel Geld für ihren Besitz geboten wird, ist dies der zündende Funke.
Palmherzen von Laura Lee Smith wurde mir 2013 von mehreren Seiten dringend ans Herz gelegt – von der Bibliophilin hab ich es mir schließlich ertauscht. Ich war neugierig auf dieses Buch, das alle so toll fanden, und kann mich nun, da ich es gelesen habe, den begeisterten Stimmen nur anschließen. Der amerikanischen Autorin Laura Lee Smith ist mit ihrem Roman etwas gelungen, das nicht viele schaffen: Sie hat eine Familie gezeichnet, die man trotz der vielen verschiedenen Figuren sehr lebhaft vor Augen hat, und sie hat jedem Einzelnen eine Geschichte auf den Leib geschrieben, sie alle untereinander verwoben und ein engmaschiges Netz gestrickt, das jeden Leser einfängt wie einen glitzernden Fisch. Palmherzen bietet das, was ich solide Handarbeit nennen möchte: fein ausgearbeitete Charaktere, eine kluge, sinnvoll aufgebaute und nicht zu überladene Handlung, eine ausgewogene Mischung aus Geheimnis, Verrat und Klischee, alles gewürzt mit ein wenig Abgeklärtheit und Rührseligkeit. Die Bravos sind ein wenig vom Schicksal gebeutelt, aber amerikanisch genug, um das Gefühl zu haben, dass all das „selfmade“ ist. Deshalb ist dieser hervorragende Roman angenehmerweise völlig frei von Pathos.
Ich liebe gut gemachte Familienromane, ich setze mich gern an gedeckte Tische und schaue heimlich durchs Fenster, ich beobachte die Figuren, leide mit ihnen, lache sie aus, wundere mich über sie. Ich mag es, wenn in einem Buch ein ganzer Familienverband seine Wirkung entfaltet, wenn alle aneinander gekettet sind und die Geschichte eines Bruders nur durch die des anderen komplett wird, die Abwesenheit des Vaters erst verständlich wird durch die Abwesenheit des Sohnes. Laura Lee Smith hat einen wundervollen, in sich geschlossenen, anrührenden Roman geschrieben, in dem Witz, Liebe, Zusammenhalt und Glück ebenso Platz finden wie Verrat, Schuld, Trauer und Hass. Auf über 500 Seiten ist er so prall, schillernd und facettenreich wie das Leben selbst. Hervorragend!
Klingt toll – ab auf die Wunschliste! Danke 🙂
Pingback: (Die Sonntagsleserin) KW #05 – Januar/Februar 2014 | Bücherphilosophin.
Hallo, bin dank der “Sonntagsleserin” bzw. der Bücherphilosophin hier gelandet. Schöne Rezi – schöner Blog. Werde demnächst sicherlich öfter hier vorbeischauen…
Das freut mich natürlich außerordentlich! Herzlich willkommen – und schönen Sonntag!
Yeah!!! 🙂
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