„Women are crazy. You should spend a goddam lifetime trying to figure out why“
Sasha ist die Assistentin von Musikproduzent Bennie und Kleptomanin. Bennie, der versucht, seine Potenz mittels Goldblättchen im Kaffee zu steigern, hat seit den 1980ern engen Kontakt mit Musik, als sich alles in seinem Leben um die Band The Flaming Dildos drehte, mittlerweile ist er desillusioniert vom Business. Aus seiner Zeit in der Bandszene von New York kennt er Alice, Scotty und Lou, der später viele Exfrauen und diverse Kinder hat, von denen eines Selbstmord begeht. PR-Ass Dolly muss nach einem folgenschweren Fehler, für den sie im Gefängnis saß, für einen Diktator arbeiten – und gerät dabei in Gefahr. Sashas Freund aus Jugendzeiten ist ertrunken, ihren damaligen Freund trifft sie zu einem späteren und viel besseren Zeitpunkt wieder.
Über eine Zeitspanne von 40 Jahren erzählt das Leben für Sasha und Bennie und vielen Figuren, die für sie von Bedeutung sind, massenweise Geschichten. Manche davon – über Anfangszeiten, Karrieren, Familien – gibt Jennifer Egan in A visit from the goon squad wieder. Dieser Roman, für den sie unter anderem den Pulitzerpreis gewonnen hat, ist voller sogenannter Interlinking Short Stories, die für sich selbst stehen, aber dennoch zusammenhängen. Ich finde es einerseits mühsam, so viele Leute kennenzulernen und anfangs nie zu wissen, in welcher Zeit ich mich befinde, freue mich aber andererseits, die bekannten Gesichter immer mal wiederzusehen. Besonders grandios und originell sind die Stilvarianten: Die virtuose Autorin wechselt zwischen erster, zweiter und dritter Person, schreibt einen Zeitungsartikel und eine Power-Point-Präsentation eines Teenagers, in der es eigentlich nur um die Stille geht, die in Form von Pausen in Liedern auftritt, und die sicher zu den besten „Geschichten“ im Buch gehört. Jennifer Egan kann schreiben, hat all das Lob, das sie einheimst, auf jeden Fall verdient, und es ist eine Freude, ihre Fantasie zu bewundern, mit der sie sich diesen Reigen an verschiedenen Charakteren erdacht hat. Dieses Buch ist ein buntes Kaleidoskop, dessen Fokus auf das Musikbusiness gerichtet ist und das immer wieder eine andere Figur beleuchtet, zurückkippt und jemand Bekanntes in einem anderen Licht erscheinen lässt. Sehr lesenswert!
Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge: das Cover begeistert mich nicht.
… fürs Hirn: keine große Herausforderung, aber niveauvolle Unterhaltung.
… fürs Herz: das Wissen, dass uns die Zeit unseres Lebens zwischen den Fingern zerrinnt.
… fürs Gedächtnis: die stilistische Originalität.
A visit from the goon squad ist auf Deutsch unter dem Titel Der größere Teil der Welt erschienen.
Von der Power Point Geschichte hab ich auch schon gehört. Jennifer Egan ist ja für ihren experimentellen Stil bekannt. Gerade deshalb hab ich mich lange um dieses literarische Abenteuer herum gedrückt. Aber wenn Du Dich traust ins Egan’sche Wasser zu springen, dann trau ich mich bald auch 😉
LG, Katarina 🙂
Grins. Ich glaube, dass du darin gut schwimmen wirst können 😉 Soo experimentell ist das Buch in meinen Augen gar nicht. Und wenn man Kurzgeschichten prinzipiell mag, ist man mit Egan sicher gut bedient! Viel Spaß!
Dieses Buch liebe ich auch! Obwohl ich keine Kurzgeschichten mag. Hat mir eine Rechtefrau auf der Buchmesse geschenkt, als Lesestoff für die Heimfahrt.
Da sind wir uns doch mal einig! 😀