Eine große Veränderung im Bücherwurmloch
Es gab eine Zeit, da wollte ich meine Meinung kundtun, wenn ein Buch mir meine Zeit stahl, ich wollte erklären, warum ich es nicht mochte und weshalb es mir leid war um die Bäume, die dafür hatten sterben müssen. Dies war sogar einer der Gründe für das Ins-Leben-Rufen des Bücherwurmlochs. Zwar lag es mir nie, mich großartig über Unbedeutendes aufzuregen, doch bei Büchern ging oft die Leidenschaft mit mir durch. Doch seither sind ein paar Jahre vergangen, und in letzter Zeit habe ich immer öfter festgestellt, dass es mir widerstrebt, hier ein Buch in Papierstreifen zu zerreißen, dass ich nicht mehr schimpfen und zetern und verbal um mich treten mag, im Gegenteil, ich wünsche mir, nur die Guten hereinzulassen durch die Blogtür und allen anderen den Zutritt zu verweigern. Was bedeutet das? Dass sich jetzt etwas im Bücherwurmloch ändert: Ab sofort wird es von Büchern, die mir nicht gefallen haben, keine ausführlichen Rezensionen mehr geben. Ganz unerwähnt lassen möchte ich sie aber auch nicht, denn vielleicht ergibt sich ein Austausch oder eine Diskussion, womöglich hat jemand von euch eins dieser Bücher besonders goutiert und sagt mir, warum, oder ein anderer stimmt mir zu. Deshalb werde ich in Kürzestform diese Romane, die mir nicht geschmeckt haben, in der neuen Kategorie “Nicht mein Geschmack” vorstellen. Einigermaßen wertfrei, denn wir wissen ja alle, wie subjektiv die Lesermeinung ist. Konzentrieren werde ich mich in Zukunft – nach prominentem Vorbild vieler meiner lieben Bloggerkolleginnen – auf die Goldnuggets unter den Büchern, die Perlen, die Gustostückerln. Büchern, die mir meine Zeit stehlen, möchte ich in Zukunft nicht noch mehr Zeit widmen, indem ich über sie schreibe.
Da ich seit Monaten über diese Entscheidung nachdenke, hat sich hier ein Stapel ungeliebter Bücher angehäuft, die gleich heute den Anfang machen.
Die Augen des Meeres von Ioanna Karystiani hat mich durch seine gestelzte, verschraubte Sprache abgeschreckt und inhaltlich leider gelangweilt. Die Geschichte des erblindenden Kapitäns, der sein Schiff nicht verlassen will, klang spannender, als sie es letztlich war.
Die Eismalerin von Kristín Marja Baldursdóttir ist ein interessantes Porträt einer vergangenen Zeit und zeigt eindringlich, wie Frauen im fernen Island früher lebten und wie hart sie arbeiten mussten. Diesen Einblick fand ich faszinierend, die Geschichte bot mir aber zu wenig Fantasie, sie ist so gleichförmig wie die Aneinanderreihung der ewig gleichen, eintönigen Arbeiten an der Nähmaschine, beim Fischen, Melken und Putzen.
Drei starke Frauen von Marie NDiaye ist ein wichtiges Buch, das viele Leser und Kritiker begeistert hat. Es thematisiert die Gewalt, das Leid, die Unterdrückung der Frau. Ich konnte jedoch zu den drei Geschichten keinerlei Zugang finden, ich fühlte mich regelrecht abgestoßen von der teilweise wirren, anstrengenden Beschreibung. Die Figuren waren mir unsympathisch und sogar einerlei, ihr Schicksal hat mich getroffen, aber nicht berührt.
Die blinde Küste von Carlos María Domínguez ist kurz und knapp, aber dennoch zäh zu lesen. Dieser große Zufall, der die beiden Figuren im Buch zusammenbringt, ist mir suspekt.
Das Kind, das vom Ende der Welt träumte von Antonio Scurati ist sehr dröge, unfassbar nüchtern und langweilig geschrieben, das Thema – ein angeblicher Missbrauch von Kindern – wird sehr journalistisch und leblos angegangen. Im Nachhinein habe ich Kritiken gelesen, die das Buch als Abfall bezeichneten, das hätte ich mal vorher tun sollen.
Der Zauber der ersten Seite von Laurence Cossé erzählt eine durchaus mitreißende Geschichte, die vor allem bibliophilen Menschen gefallen dürfte, denn es geht darin in erster Linie um Bücher. Ich hab es brav durchgelesen, fand es aber stellenweise viel zu langatmig, und am Ende habe ich es ganz plötzlich wieder vergessen.
Eine schöne Idee, liebe Mariki, auch ich liebäugele damit, bisher beschränke ich mich jedoch darauf, mich zumindest etwas kürzer zu fassen. So kann man kostbare Zeit sparen, die wiederum in wahre Perlen investiert werden kann. Das heißt natürlich nicht, dass man nicht hin und wieder doch seine Meinung ausführlich kundtun möchte, um sie mit den (Gegen-)Stimmen der anderen Leser zu vergleichen (wie im Falle meines Murakami-Artikels). Aber es gibt auch einfach diese Bücher, die einen weder begeistern noch richtig aufregen: zu denen Mann keinen Zugang findet oder zu denen man schlichtweg nichts zu sagen hat.
Ja, das hast du genau auf den Punkt gebracht! Sollte ich zu einem ungeliebten Buch gern mehr sagen, werde ich das auch in Zukunft tun (ist ja mein Blog, ich mach die Regeln :)) – aber in den letzten Monaten hat sich hier so viel angehäuft, das mir nicht der Mühe wert schien, weil ich gar nicht lang erklären will, warum diese Bücher mich gelangweilt haben. Mal sehen, vielleicht ändert sich das ja wieder … Aber jetzt widme ich mich erst mal lieber den Guten.
Tu das, denn nicht nur das Lesen, sondern auch das Darüberschreiben soll natürlich in erster Linie Spaß machen!
PS: Das “Mann” statt “man” im letzten Satz meines vorangegangenen Kommentars hat keine tiefere Bedeutung, ich habe wohl einfach nur gedöst.
Eine schöne Idee, liebe Mariki! .-) Ich habe häufig keine Bücher, die mir gar nicht gefallen, so dass ich zu dieser Variante sicherlich noch nicht greifen muss. Und bei Leseexemplaren fühle ich mich einfach verpflichtet etwas zu schreiben, auch wenn sie mir nicht gefallen haben.
Von deinem Stapel ungeliebter Bücher kenne ich noch keins, habe mir aber vor kurzem das Buch von Marie NDiaye gekauft und war schon sehr gespannt darauf. Mal schauen, wie es mir gefallen wird. 🙂
Du Glückliche! Greifst du wirklich nie daneben? Wieso passiert das denn mir so oft? Rätselhaft.
Bestimmt gefällt dir NDiaye, es schien ja auch jedem zu gefallen außer mir …
Also ich habe die http://literaturgefluester.wordpress.com/2012/03/20/drei-starke-frauen/ eigentlich ganz interessant gefunden
Das kann ich gut nachvollziehen – das Buch hat ja auch überragend viel Lob eingeheimst. Ich kann in diesem Fall gar nicht gut argumentieren, warum ich keinen Zugang zu den Geschichten gefunden habe … besonders die zweite Story fand ich sehr anstrengend, diese monologartige Litanei des Mannes, und es ist mir schwergefallen, die überzeichneten, überzogenen Emotionen der Figuren selbst zu spüren.
Ich Handhabe es bei uns auch so, zwar greife ich auch eher selten daneben, da ich mir idR genau überlege, was ich als nächstes lese, aber es kommt eben doch vor. Gar nicht drüber schreiben und auch ein wenig warnen möchte ich auch nicht, aber eben auch nicht noch viel Zeit für einen Verriss investieren. Ebenfalls gern zitiere und verlinken ich auf passende Beiträge auf anderen Blogs und tue kund, das ich mich anschließen möchte. dir viel Erfolg beim Finden wunderbarer Perlen über die es sich zu schreiben lohnt!
Ich wünschte, ich würde auch seltener danebengreifen – aber selbst Empfehlungen, Rezensionen und Leseproben helfen mir da oft nicht bzw. ich mag das Buch dann trotzdem nicht. Das mit dem Verlinken ist eine gute Idee!
Das finde ich eine fabelhafte Idee. So wird dein Leser informiert, über die Bücher, die du nicht gut fandest, ohne, dass du dir mit dem schreiben eine Rezension viel Arbeit machen mußt.
Ich hab von den Büchern die Eismalerin gelesen und fand wie du, das es zwar interessant ist, das Leben zu der Zeit in Island kennen zu lernen, auf der anderen Seite war es aber wirklich eintönig geschrieben.
Oh, gut zu wissen, dass es dir auch so ging, ich dachte schon, ich sei vielleicht wieder mal zu ungeduldig gewesen mit dem Buch. Zu solchen Romanen hab ich dann aber auch nicht richtig viel zu sagen (weil ja nicht viel passiert …), deswegen denke ich, dass das ein guter Plan ist mit den kurzen Vorstellungen.