„Wie alt darf man sein, wenn man noch Titten sagen will?“
Das fragt Mr. Forbes seine Frau, die ihn auf jeden Fall als für zu alt befindet. Für das Wort Titten und jegliche weiterführende Ideen. Weshalb Mr. Forbes ins Internet flüchten muss, wo er alles findet, was ihm Spaß macht. Spaß hat auch sein Sohn Graham – allerdings mit Männern. Weshalb er in der Hochzeitsnacht mit seiner Angetrauten Betty – die zwar das falsche Geschlecht, aber viel Geld hat – ausgiebig den eigenen Hintern im Spiegel betrachten muss, um auf Touren zu kommen. Wohin das alles führt? Zu einer ziemlichen Schweinerei. So eine erlebt auch Mrs. Dickinson, eine ältere Witwe, die sich ihr Geld als Laienschauspielerin im Krankenhaus verdient, wo sie vor Studenten die Kranke mimt. Da der Verdienst nicht reicht, vermietet sie ein Zimmer an ein Studentenpärchen. Was allerdings ihre Haushaltskassa nicht aufbessert, denn das Pärchen will statt mit Geld lieber mit einer ungewöhnlichen Vorstellung bezahlen: Die beiden wollen Sex haben – und Mrs. Dickinson soll zusehen …
So ein Schweinkram! Der Titel ist in Alan Bennetts zwei „unziemlichen Geschichten“ Programm. Der fast 80 Jahre alte Brite zeigt darin seine Landsleute von einer vermeintlich überraschenden Seite, gelten sie doch gemeinhin als reserviert und prüde. Was natürlich – Verzeihung – Bullshit ist. Denn in Englands Betten geht es mit Sicherheit genauso rund wie in denen anderer Länder. In manchen zumindest. Und es macht außerordentlich viel Spaß, mit Alan Bennett ein bisschen durchs Schlüsselloch zu schnurken und zuzuschauen. Er schreibt mit jenem feinsinnigen, intelligenten Humor, für den die Briten noch berühmter sind als für ihre Zugeknöpftheit. Und der mir sehr zusagt. Ich fühle mich wie ein staunender Teenager, weil stets etwas Unerwartetes passiert, das mich zum Kichern bringt. Gern hätte ich noch mindestens zehn Geschichten oder mehr von Alan Bennett gelesen, in denen Menschen ihrer Fantasie freien Lauf lassen, ihre Geheimnisse mehr oder weniger geschickt verbergen und ihren Sehnsüchten Untertan sind. Ein besonders prickelnder, schlauer, amüsanter und origineller Lesegenuss!
Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge: erotisches Rot, Blümchentapete und Guckloch – das Cover geht mit dem Inhalt konform!
… fürs Hirn: die perfekte Mischung aus purem Spaß und hinterlistigem Witz.
… fürs Herz: kein Kitsch oder Herzschmerz, aber filigrane Beziehungskonstrukte.
… fürs Gedächtnis: das Vergnügen!
Schweinkram von Alan Bennett ist erschienen im Wagenbach Verlag (ISBN 978-3-8031-1287-3, 144 Seiten, 15,90 Euro).
Seit ich “Ein Kräcker unterm Kanapee” gelesen habe, muss ich immer schmunzeln wenn ich den Namen Alan Bennett lese 🙂
Den “Schweinekram” hol ich mir.
Tu das unbedingt, du wirst sicher Spaß damit haben! 😉
Alan Benett muss man einfach gelesen haben. Der Mann hat einen Humor – wie er einem auch in den britischen Filmen begegnet, die ich so mag.
Vielen Dank für den Buchtipp