“Ein Flughafen ist ein magischer Ort, immer neu. Unmöglich, sich hier zu langweilen!”
Salvador arbeitet seit Jahrzehnten als Putzmann am Flughafen, er ist dort eine Institution. Er wischt nicht nur die Böden, er erzählt auch Geschichten, wilde, unrealistische, lustige und traurige. Er ist mit dem Flughafenpersonal befreundet und weiß über jedes Reiseziel etwas zu sagen – obwohl er überhaupt noch nie irgendwohin geflogen ist. Salvador unterhält die Wartenden, er bringt sie zum Lachen, zum Nachdenken, er ist ein „Gschaftler“, wie man auf Österreichisch sagt. Unglaublich ist das, was er berichtet, zum Beispiel vom Club der unerhörten Wünsche, der gegen einen monatlichen Pauschalbetrag jeden Wunsch erfüllt, eine Frau liefert, einen besten Freund anheuert oder einen Ferrari vor die Haustür stellt, allerdings gebraucht, versteht sich. Salvador erzählt von der Frau, die am Flughafen ankam und nicht mehr wusste, wer sie war, und von dem Mann, der im Internet seinen eigenen Tod bestellte. Salvador ist ein Geschichtenmann, er ist stets gut aufgelegt, redegewandt, pfiffig und klug: „Wenn du Tausende von Göttern hast, findest du immer einen, der dein Verhalten rechtfertigt, was auch immer du tust, und sei es noch so absurd.“ Und eins ist klar: Wenn es Salvador gäbe, wäre das Leben ein Märchen.
Der spanische Schriftsteller Alberto Torres Blandina hat für seinen Roman Salvador und der Club der unerhörten Wünsche eine ungewöhnliche und originelle Erzählart gewählt: den Monolog. Alles, was ich lese, wird von Flughafenreinigungskraft Salvador ausgesprochen. Das ist ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber eine tolle Abwechslung. Die Einwände oder Fragen des Gesprächspartners bindet Salvador geschickt in seine Reden ein, indem er sie wiederholt. Es ist nicht jedes Kapitel eine abgeschlossene Geschichte, vielmehr wird Salvadors Erzählung des Öfteren unterbrochen, um an anderer Stelle weitergeführt zu werden, etwa wenn er den Reisenden bei dessen Rückkehr wiedertrifft. Das hält meine Neugier wach und sorgt dafür, dass das Buch mehr ein Roman als eine Short-Stories-Sammlung ist. Salvadors Geschichten sind Kleinode der Verrücktheit, sie sind abstrus, heiter, böse und unglaublich witzig. Alberto Torres Blandina ist mit einer begnadeten Fantasie gesegnet, er denkt sich doppelte Liebesgeschichten aus, gefährliche Internetspiele und einen Club, der alles kontrolliert – aber auf überraschend positive Weise. Ich muss oft den Kopf schütteln und dann doch wieder schmunzeln über so viel Abgedrehtheit. Genial finde ich auch, wie offen der alte Salvador über Sex und Erotik spricht. Wunderbar für alle, die etwas Außergewöhnliches lesen wollen, denn für diesen Roman heißt es: Erwarte das Unerwartete!
Durchgekaut und einverleibt. Von diesem Buch bleibt …
… fürs Auge: naja, das Cover gefällt mir nicht so, zwar wurden die Motive aufgegriffen, aber die Umsetzung scheint mir eher lieblos.
… fürs Hirn: nicht mitdenken, nicht wundern, genießen!
… fürs Herz: die Art, wie Salvador in die Pension geleitet wird.
… fürs Gedächtnis: der plappernde, lebhafte, kauzige Salvador!