“In Santo Domingo ist eine Geschichte erst dann eine Geschichte, wenn sie einen übernatürlichen Schatten wirft.” Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao wirft gleich mehrere Schatten und sie sind alle verschieden – übernatürlich, zynisch, amüsant und brutal. Oscar zieht mit seiner Schwester und seiner Mutter aus der Dominikanischen Republik in die USA. Er ist fett, ein großer Fan von SciFi, er spricht sogar fließend Elbisch. Kein Wunder, dass er in der Schule nur verarscht wird und keine Freunde findet – geschweige denn ein Mädchen. Und dabei heißt es doch, dass noch nie ein Dominikaner als Jungfrau gestorben sei! Oscar findet in keine Gesellschaftsschicht hinein und hat es durch die Böswilligkeit seiner frustrierten Mutter besonders schwer. Welche Grausamkeiten ihr im Leben widerfahren sind und was sie so verbittert gemacht hat, erfährt der Leser nach und nach. Sie war einmal sehr schön – und lernte dann einen Handlanger von Trujillo kennen …
Dieses Buch ist unfassbar sarkastisch. In einem derben und vermeintlich gefühllosen Ton erzählt Junot Díaz von Trujillos Militärdiktatur, vom Leben der Dominikaner in Terror und Unterdrückung, von ihren Versuchen, sich als “Nigger” in den USA zu integrieren. Dabei findet er harte Worte, die Witze triefen nur so vor Ironie und Boshaftigkeit. Das darf er nur, weil er selbst in der Dominikanischen Republik geboren ist – einem jeden anderen würde man Herzlosigkeit und Rassismus unterstellen. Auf diese Art aber beschreibt der Autor ein Land und ein Volk, das gelitten hat und immer noch leidet. Liebe und Hoffnung sucht man in diesem Roman vergebens. Der Perspektive zu folgen, ist anfangs schwierig, erst nach einiger Zeit stellt sich heraus, wer der wahre Ich-Erzähler ist: ein College-Freund von Oscar und seiner Schwester. Er ist eigentlich nicht abergläubisch, doch am Beispiel von Oscars Familie zeigt er, wie mächtig ein fukú, ein riesengroßer beschissener Fluch, sein kann. Dieser fukú hat Tod und Leid über Oscars gesamte Verwandtschaft gebracht und erwischt – das verrät ja allein schon der Titel – am Ende auch ihn. In zahlreichen Fußnoten füllt Junot Díaz die Wissenslücken des Lesers und erklärt die Hintergründe zu den Ereignissen. Und obwohl ich kein Freund solcher Leseflussunterbrechungen bin, lese ich dieses Mal sogar die Fußnoten genauso sorgfältig wie den Fließtext – weil sie interessant sind und böse. Dieses Buch ist schockierend, wirr, informativ und tragisch zugleich – eine lesenswerte Reise in ein weit entferntes Land, das manche vielleicht aus dem Urlaub, aber vermutlich nicht mit all seinen Schatten kennen.
Das Buch ist wirklich toll, ich habe es dem Bücherwurm empfohlen, und endlich einmal sind wir einer Meinung.
Was mich besonders umgehauen hat, ist die Sprache – dicht, hintersinnig und einfach unglaublich schön, endlich mal wieder Literatur!. Für alle, die sehr gut im Englischen sind, empfiehlt es sich bestimmt das Buch im Original zu lesen. Für alle anderen eher nicht, schließlich hat Junot Diaz nicht umsonst den Pulitzer Preis gewonnen.
Habe es in einer Bücherkiste gefunden und war sofort verfallen. Neben lehrreichem Stoff um die Trujillo-Ära, ist es unglaublich authentisch. Ich übersah den Druck “Roman” und dachte zwischenzeitlich, dass es biografisch sei.
Diaz hat mehrere Jahre an dem Werk gearbeitet. Der Fleiß hat sich ausgezahlt. Eine wunderbare Geschichte über Nerds, Aberglaube, Diktaturen und den Traum von Anerkennung.
Werde es irgendwann wieder lesen…