Es gibt eine Frage, die mich beschäftigt: Woher stammen eigentlich die Autoren der Romane, die ich mag? Und in welchen Ländern spielen diese Bücher? Besteht da überhaupt einen Zusammenhang, lässt sich eine Vorliebe feststellen? Ich sag’s gleich vorweg: Ich hab das nicht fachfrauisch statistisch ausgewertet. Aufgefallen ist mir zuerst eher, was mir NICHT zusagt: Bücher aus Afrika zum Beispiel. Ich hab’s oft genug mit ihnen versucht, um sagen zu können: Ich mach einen Bogen um Literatur aus Afrika (einen Bogen, der mal größer und mal kleiner ist). Hin und wieder versuche ich, diese Abneigung aufzubrechen, und manchmal klappt das, aber meistens stelle ich erneut fest, dass ich nichts anfangen kann mit dem Afrikanischen. Es ist mir (Achtung, Pauschalisierung!) zu ausufernd und schwafelig, zu aufgeblasen und bedeutungsschwanger, zu sehr mit Symbolen und Mystischem beladen. Aus diesem Grund lese ich auch fast nichts (mehr) aus Südamerika: Ich mag den magischen Realismus nicht, das Paranormale, Verschnörkelte. (Ausnahmen bestätigen die Regel, ich finde Carla Guelfenbein gut, habe auch meine Allende und meinen Márquez gelesen.)
Ich hab’s offenbar gern klar. Und kühl. Und kurz angebunden. Ich hab definitiv ein Faible für Bücher aus dem Norden. Freilich nicht für alle, nein, nur weil ein Roman von „dort oben“ kommt, bedeutet das noch nicht, dass ich davon angetan bin. Die Wahrscheinlichkeit ist aber höher als bei anderen Romanen, zumindest lässt sich das an meinem Regal erkennen. Darin stehen ja, wie ihr inzwischen wisst, nur sehr wenige Bücher, knapp 300, mehr besitze ich nicht. Auch anhand meines Interesses an Neuerscheinungen merke ich: Ich tendiere zu Finnland, Schweden, Norwegen, Island, Norddeutschland und den Niederlanden.
Ich bin beispielsweise ein großer Fan von Per Pettersson, dessen Roman Pferde stehlen zu den besten gehört, die ich jemals gelesen habe. Hätte ich einen Lieblingsschriftsteller, es wäre Per. Ich mag Roy Jacobsen und Jan Christophersen, Jón Kalman Stefansson, Majgull Axelsson, Leo Ǻgren, Niels Fredrik Dahl, Anna Enquist und Kerstin Ekman. Mit 17 hab ich Peter Høeg verschlungen, ich liebe Oben ist es still von Gerbrand Bakker und Wie keiner sonst von Jonas T. Bengtsson. Katja Kettus Wildauge steht auf meiner Liste der beeindruckensten Bücher ever. Ich finde Angerichtet von Herman Koch genial, genau wie Fegefeuer von Sofi Oksanen, Altes Land von Dörte Hansen und Wahr von Riikka Pulkkinen. Fasziniert haben mich auch Dorte Nors, Arto Paasilinna, Kjell Westö, Per Olov Enquist, Philip Teir, Leena Parkkinen, Toine Heijmans, Matthias Jügler, Mikael Niemi und Hannah Kent.
Das sind nur Schriftsteller und Titel, die mir spontan einfallen bzw. die noch „übrig“ sind, denn seit einigen Jahren behalte ich ja kaum noch Bücher. Woher diese Vorliebe kommt? Keine Ahnung. Vielleicht von einer durch Astrid Lindgren geprägten Kindheit? Okay, kleiner Scherz. Aber ich habe das Gefühl: Das Nordische, Kühle, wenig Verschwurbelte zieht mich an, die Geschichten sind oft sehr schlicht, nah an der Essenz des Menschlichen. Ein Patentrezept für das, was mir gefällt, gibt es dabei nicht, allein die oben genannten Beispiele sind in ihrer Handlung und Thematik sehr unterschiedlich. Sicher ist auf jeden Fall: Sie sind niemals kitschig.
Weitere literarisch-geografische Überlegungen habe ich vorerst nicht angestellt. Ich muss genauer erforschen, welche Länder sich noch in meinem Regenbogenregal finden. Ich habe früher sehr viel über Tibet gelesen, ich mag Bücher aus und über Japan, Italien, Frankreich, natürlich Deutschland, Österreich, Schweiz, das ist naheliegend, Spanien, Portugal, England, das ehemalige Jugoslawien, mit den Great American Novels hab ich so meine Probleme, und ich weiß: Ich vernachlässige ungefähr die halbe Welt. Das hier soll nun aber keine Selbst-Challenge werden, in der ich mich zwinge, jeden Monat ein Buch aus einem anderen Erdteil zu lesen. Interessant ist das jedoch durchaus: Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, aus welchen Ländern eure Lieblingsautoren stammen? Über welche Orte lest ihr gerne? Und noch viel wichtiger: Könnt ihr mir gute Schriftsteller aus dem Norden empfehlen?
Dein Text ist super schön und bereichernd dazu, sodass ich ihn gleich zweimal gelesen habe. Dabei habe ich entdeckt, dass einer meiner absoluten Favoriten aus Norwegen – Ketil Bjornstad mit “Vindings Spiel”- gar nicht auftaucht, drei meiner Lieblingsbücher (Fegefeuer, Wildauge, Pferde stehlen) aber schon.
Es könnte also durchaus sein, dass du Bjornstad auch mögen wirst. Schöne Grüße!
Oh, vielen Dank, das werd ich mir gleich anschauen! Wie schön, dass du die drei anderen auch kennst und magst.
Ich lese auch sehr gerne Bücher aus dem Norden, wie zB die Island-Krimis von
Arnaldur Indriðason – wahrscheinlich auch weil mir die Länder selbst so gut gefallen und man in den Büchern immer etwas an die Urlaub dort erinnert wird. Viele stören sich ja an den teilweise schwer lesbaren Namen der Protagonisten – damit habe ich eigentlich kein Problem und ich finde auch nicht, dass es den Lesefluss stört!
Liebe Grüße
http://www.reisenlesenleben.wordpress.oom
Ja, ich träume, seit ich in Stockholm war, von einem ausgedehnten Schweden-Urlaub 😉 Warst du schon öfter im Norden? Schade, dass es so teuer ist, nach Island zu fahren … würd ich auch sofort machen!
Bisher waren wir leider auch “nur” in Island und Norwegen – Schweden steht ebenfalls ganz hoch oben auf der Liste der nächsten Reiseziele!
Mir geht es ebenso, ich mag nicht das Blumige, das Schnörkelige, sondern eher eine knappe Sprache, die etwas beschreibt. Aber dabei kann und darf es durchaus eine andere Ebene geben. Also nicht die ausufernden Texte sondern reduzierte Sprache und dann Überraschendes zwischen den Zeilen….
Nicht aus dem Norden, aber wirklich beeindruckend finde ich den Amerikaner Paul Auster- zB:”unsichtbar”.
Ja, der Auster … der ist schon gut. Aber wenn man mehrere Bücher von ihm gelesen hat, wird es irgendwie langweilig. Oder vielleicht hab ich auch nur die falschen erwischt …
Ich mag die Bücher aus Afrika, sie sind nicht nur blumig, jedenfalls die ich gelesen habe. Wo ich eher Probleme habe sind die Bücher aus dem arabischen Roman, da finde ich keinen Zugang zu den Autor. Mein Lieblingsland bleibt allerdings Japan.
Das kann ich gut verstehen. Und japanische Bücher sind wunderbar!
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Ich hab es probiert, mit einigen der von dir genannten Titeln.. mit manchen wurde ich gar nicht warm (Wildauge zb, aber ich überlege ernsthaft, dem Buch noch eine Chance zu geben), andere waren ok (Oben ist es still und Pferde stehlen), aber dieser Norden ist mir einfach zu kühl denke ich.
Ich bin und bleibe wohl ein fader Mitteleuropäer, in echt und beim Lesen 🙂
Wildauge ist wirklich ein zaches Buch, eins der ärgsten, die ich JEMALS gelesen hab. Ich kann schon verstehen, wenn einen das abschreckt und man damit nicht warm wird. Von wegen kühl und so 😉
“Fegefeuer” von Sofi Oksanen habe ich gestern fertig gelesen, das war ein wirklich beeindruckendes Buch. Werde demnächst auch Stalins Kühe von ihr lesen. Und vielleicht versuche ich es wirklich nochmal mit “Wildauge”.
Stalins Kühe kenn ich nicht. Ist bestimmt nicht so gut 😉